
Der heilige Petrus, Ikone aus dem 6. Jahrhundert, Katharinenkloster Sinai
Die Stadt Canterbury liegt am Beginn eines Pilgerweges, der über zahlreiche Stationen des Glaubens bis nach Rom führt. Dieser Weg, den Erzbischofs Sigerich der Ernste von Canterbury im Jahr 994 erstmals beschrieb, wurde dann unter dem Namen „Via Francigena“ bekannt.
Es war die Zeit, in der sich in Rom das Zentrum des christlichen Glaubens bildete, dessen oberster Hirte der Papst ist. Er gilt als der legitime Nachfolger des Apostels Petrus, des ersten Lehrers der Kirche. Im Kirchenjahr sind Petris zwei Feiertage gewidmet, der Tag Kathedra Petri, der Feiertag Petri Stuhl, der ursprünglich aus einer römischen Totenfeier hervorging und der Hauptfeiertag Peter und Paulus. Der Feiertag der auch den Apostel Paulus mit einschließt findet wenige Tage nach der Sommersonnenwende statt. Kathedra Petri sollte nun an den Amtsantritt des Heiligen erinnern, der gemäß den Erzählungen der erste Inhaber des Heiligen Stuhls in Rom war. Die Attribute des Apostels sind ein Buch, das Evangelium, und die Schüssel. Sie stehen sind bildlich für den Zugang zum Himmel, aber auch für die Verbindung von Himmel und Erde.

Kathedrale, Canterbury, Foto Velvet
Diesen Tag markiere einst auch ein Sternbild in Canterbury, das heute nur noch als Bären-hüter bekannt ist. Einst als kosmischer Hirte betrachtet, symbolisierte das Sternbild das Bild des guten Hirten aus dem Evangelium des Johannes, aber auch das Herrschaftssystem der geistlichen und weltlichen Hirten des Mittelalters. Wie Petrus die Verbindung von Erde und Himmel symbolisiert, so markierte der kosmische Hirte dann mit zwei seiner Sterne die Orte beiden wichtigen Kirchen der Stadt.

St Martin’s Kirche, Canterbury, Foto Oosoom
Mit einer zweiten Sicht am Abend von Martini markierte der Hirte weitere Punkte der Stadt und zugleich mit seinem Schulterstern die Kathedrale von Canterbury, die Tochterkirche von St. Martin. Der Bau von St Martin wird auf das späte 6. Jhd. datiert und gilt somit als das ält-este Kirchengebäude im englischen Sprachraum, das ununterbrochen genutzt wird.

Dass bei diesem biblischen Hintergrund des Stadtplanes der Name Cantabury, oder lat- einisch Cantuaria, die Stadt der Leute von Kent bedeuten soll genannt, erscheint wenig plausibel. Dagegen führt das lateinische Wort cantu, der Gesang zu einer Erklärung. So steht im Psalm 98: `Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er hat wunderbare Taten voll-bracht….´ Damit wäre die Stadt wohl als der Ort des Lobgesangs zu sehen, ein Name, der auch den dortigen Bauwerken gerecht wird. Doch nicht nur der Text, auch die Zahl 98 verweisen hier auf den Geist Gottes, denn die Zahl 98 entspricht dem Produkt 2×49. In der biblischen Zahlenarchitektur steht die 49 für die erhöhte 7 und ist damit ein Sinnbild für die Vollendung, oder auch für die äußerste Vollkommenheit. Diese Vollkommenheit und Voll-endung wird in Canterbury ja auch in der künstlerischen Gestaltung der Kathedrale sichtbar.
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