
Palazzo Ducale, Foto Giorces

Porträt des Vespasiano Gonzaga
Die Stadt Sabbioneta wurde zwischen 1554 und 1571 mit den Gedanken einer Ideal- stadt errichtet und bildete damit die erste autonome Stadtgründung der Renaissance. Ihre Geometrie folgte einem unregelmäßigen Sechseck und wurde durch sternförmig vorspringenden Bastionen ergänzt. Bauherr der Stadt war Herzog Vespasiano Gonzaga, der aus einer Seitenlinie des Hauses Gonzaga von Mantua stammte. Für seine Stadt- gründung benutzte er die Fläche der väterlichen Burg und dabei nutzte er seine Er-fahrungen die er als Festungsbaumeister in Spanien und Nordafrika gesammelt hatte. Wie der von Platon in seinem Werk Politeia beschriebene Stadtstaat, dessen äußere und innere Ordnung sich in idealen Proportionen widerspiegelte, sollte dieses Prinzip auch die Idealstädte der Renaissance. Ihre Gestalt sollte die Ideale der Human- isten verkörpern. Utopia, das literarische Hauptwerk von Thomas Morus, brachte dieses durch Platon erstmals verbreitete sozialutopische Modell erneut zu gro0er Popularität. Das Werk wurde dann auch Inspirationsquelle zahlreicher Idealstadte, bei deren Kon- zeption wieder an antike Planstädte angeknüpft wurde. Dabei wurden die Stadt-strukturen durch einfache geometrische Formen wie Kreis, Quadrat und Schachbrett-muster bestimmt. Meist orientierten sich dann die Stadtmauern an symbolischen Formen wie dem Hexagon oder dem Pentagramm. Der erste nach dealen Gesichtspunkten ent- standen Entwurf seit der Antike war der Plan der Stadt Sforzinda.

Filarete: Plan für die Idealstadt Sforzinda, von User Rainer Zenz
Sie stammte von dem um 1400 in Florenz geborenen Bildhauer und Literaten Filarete. In 25 Bänden schuf er in der Form eines allegorischen Romans eine Beschreibung mit Plänen der Stadt Sforzinda die er Piero de Medici widmete. Die Schriften behandeln die besonderen Bauwerke der Stadt die Ausstattung der Gebäude sowie die jeweiligen Handwerkstechniken. Bereits schon die römischen Vorbilder zeigen, dass eine geplante Ordnung auch von mythologischen Überlegungen bestimmt war, an die die Ausrichtung der Hauptachsen auf einen wichtige Sonnenaufgangspunkte erinnerte. Hier erinnert Gonzagas Vorname Vespasiano an die großen Leistungen des römischen Kaisers Vespasian. Er bewies sein Geschick nicht nur in politischen Reformen, sondern ebenso in Reformen des Finanzsystems. Vorbild für Gonzaga waren sicher auch die gewaltigen Investitionen Vespasians im Bauwesen, die sich im Aufbau des Kapitols, oder den Bau des Kolosseums zeigten. In dieser Nachfolge sah sich auch wohl der Herzog als er den Plan der Stadt Sabbioneta entwarf. Auch sie wird wie ihre Antiken Vorbilder von der Sonnen- und Sternensymbolik bestimmt.

Ausrichtung Sabbionetas
Genau am Tag seiner Geburt, dem 6. Dezember, war er in der Zeit als der Julianische Kalender noch seine Gültigkeit besaß in der Achse des Palastes über den Dächern der gegenüberliegen Gebäude zu sehen. Doch allein dies offenbart noch nicht die kom- plexen Überlegungen des Städtegründers, in denen die damalige Marienverehrerung, wie die antiken Mythologien in ein Gesamtkunstwerk integriert wurden. Als Gründer konnte er sich mit dem mythischen Städtebauer Gilgamesch identifizieren, der laut dem Epos die erste Stadt Uruk gegründet hat und in diesem Text wurde die Uruk als Stadt des Himmlischen und der Weisheit beschrieben. An dieses Vorbild erinnerte zu dieser Zeit Orion mit der ersten Sicht seines Schultersternes am Morgen von Gonzagas Ge- burtstag. So deckt sich auch die Form des Orion mit dem Stadtgrundriss, wobei die Kette seiner drei Gürtelsterne auf die Kirche Chiesa del Carmine weist.

Chiesa del Carmine, Sabbioneta, Foto Davide Papalini
Die Kirche ist `Unserer Lieben Frau auf dem Berge Karmel´ geweiht, der spirituellen Keimzelle des Karmeliterordens.. In der Geschichte der Israeliten stellt der Berg Karmel einen Wendepunkt ihres Glaubens dar, denn hier erkannte Elija JHWH als den einzig wahren Gott. Damit endete auch die Epoche des Baalskultes und das Volk tötete die Baalspropheten (1 Kön 18,18-40 EU). Der Name Karmel, der übersetzt Garten oder Weinberg bedeutet, wurde so zum Sinnbild einer fruchtbaren ´Glaubenslandschaft´. Dieses Bild spiegelte sich auch in einer Wolke, die Elija von dort über dem Meer beobachtete. Er deutete sie als den Beginn dieser neuen Fruchtbarkeit. Dieses Wolke wurde später dann als eine Präfiguration der Jungfrau Maria interpretiert. In einer Epoche, in der die Astronomie einen ganz neuen Stellenwert bekam und eine Neube-sinnung auf antike Epen erfolgte, rückte auch der Stern Spica, die Ackerfuche aus dem Tierkreiszeichen der Jungfrau wider ins Blickfeld. Mit seiner ersten Sicht erschien er in der nach Südosten führenden Straßenachse dann auch genau am Tag `Der Lieben Frau auf dem Berge Karmel´. Zusammen mit der Hauptkirche, der Chiesa di Santa Maria Assunta erinnerte er auch an die Marienfrömmigkeit jener Zeit. Doch auch in Gegenrichtung erinnerte ein Stern an einen Heiligen. Am 20. Januar wies die erste Sicht des Sternes Vega auf den Tag des San Sebastián, dem Stadtpatron von Sabbioneta hin. Als Schutzpatron der Armbrust- Schützen, Schützengilden, Soldaten, Kriegsin-validen, Büchsenmacher, Eisengießer, Zinngießer, wie den Steinmetzen war er ja ge- radezu idealer Schutzpatron für die Festungsstadt Sabbioneta. Sein Martyrium hatte auch den aus Mantua stammenden Andrea Mantegna fasziniert, der es in drei Fass- ungen darstellte.
Bilder: Wikipedia/ Palazzo Ducale, Foto Giorces in der Wikipedia auf Italienisch, gemeinfrei / Porträt des Vespasiano Gonzaga, Anthonis Mor, http://www.igonzagadellenebbie.it/mostra/introduzione.html Filarete: Plan für die Idealstadt Sforzinda, von User Rainer Zenz on de.wikipedia – vgl. dazu eine farbige Abb. inː dtv-Atlas zur Baukunst, Bd.2, 4.Auflage, 1985, S. Chiesa del Carmine, Sabbioneta, Lombardia, Italia , Foto Davide Papalin i/ Simulation, sunearthtools, stellarium
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