Die Jungfrau und ihr Mädlesfels

Der Mädlesfels, Sonnenuntergang über Eningen und Pfullingen, Fotot Dariusbenfoto

Mädlesfels, Talsicht, Foto: Klaus Hermann

Metlinstein wird der spätere Mädlesfels erstmals im Jahr 1521 in einer Urkunde erwähnt. Zum Mädlesfels wird er durch die Sage von einem Nachtfräulein, einer Jung- frau , die auf dem Fels mit Nadeln einen Schal strickte. Doch die Ruhe auf dem Fels wurde durch heftiges Hundegebell durchbrochen, Voller Angst erblickte das Nachtfräulein einen Jäger auf einem Pferd mit einer bellenden Hundemeute auf sich zustürmen. Um sich zu retten sprang sie vom Fels und als der Jäger ebenfalls zum Sprung über das Tal ansetzte erreichte stürzte er durch das beherzte Eingreifen der Urschel und wurde samt dem Pferd am Fels zerschmettert. Auf wundersame Weise wurde aber das Nachfräulein gerettet und entschwand.

Urschels Gesicht, Pfullinger Sagenweg

Der Fels ist tatsächlich ein besonders geformter Ort. Nicht nur die beiden Risalite lassen ihn symmetrisch erscheinen, auch seine Ausrichtung weist exakt auf den Sonnenunter- gang zur Sommersonnenwende. Wie wie an anderen Orten, so führen auch hier astro-nomische Sichtungen zum Motiv der alten Sage. So ist das Bild des einsamen Mädchens noch im alten Brauchtum der Sommersonnenwende erkennbar. Sie war einst auch ein wichtiger Orakeltag für noch Unverheiratete. Ein geflochtener Kranz rückwärts in einen Baum geworfen, sollte einer Jungfrau zeigen, wie viele Jahre sie noch unverheiratet blieb. Auch das Motiv des Sprunges führt zum alten Brauchtum, denn am wenig später folgenden Johannitag wurden die Johannifeuer entzündet und ein Sprung durch solch ein Feuer sollte das ganze Jahr vor Schmerzen bewahren. All dies erklärt aber noch nicht den wilden Jäger au dem Pferd und die ihn begleitenden bellenden Hunde, die vom Übersberg kommend, dem Nachtfräulein den Weg versperrten. Für dieses wilde Schauspiel bietet nun der Himmel eine plausible Erklärung, die die Sage vom Mädlesfels mit dem weitaus bekanntere Epos aus Sumer verbindet, dem Gilga-mesch-Epos. Nach der Weihnachtszeit, also der Zeit der Rauhnächte, zog im früheren Volksglauben ein wildes Heer mit Hexen , Zaubern und einem Jäger über das Land. Eine Menge Ratschläge gab es zu diese Zeit, um sich vor diesem Heer zu schützen. Betrachtet man nun den Himmel zur Zeit der Sagenentstehung, so tauchte der wilde himmlische Jäger vom Mädlesfels aus betrachtet, genau dort auf, wo es die Sage schildert: über dem Übersberg stieg er um die Weihnachtszeit, kurz nach Sonnenunter-gang mit seinem Gefolge auf. Zwei Hunde und das Einhorn begleiten ihn dabei. Genau dort war wenige Stunden zuvor noch das Sternbild der Jungfrau zu sehen. Der wilde Jäger, der sich bereits im Sumerischen Epos in die Himmelskönigin Ischtar verliebt hatte, begann in der nun anbrechenden Nacht auch die Jungfrau wieder zu verfolgen. Die Nacht bot dazu ja beste Voraussetzungen und so war es unabdingbar, dass die Urschel als guter Geist hier eingreifen, musste um die Jungfrau vor ihrem Verfolger zu schützen. In wenigen Stunden sollte die Jungfrau ja in Gestalt des Sternbildes wieder über dem Horizont aufsteigen.

Mädelsfelsen, Sommesinnenwende und der `wilde Jäger´Oron

Vor dem Hintergrund der Sternkonstellation gewinnt die fantastisch anmutende Er- zählung durchaus realistische Züge und zeigt gleichzeitig, wie variantenreich das sumerische Epos vom himmlischen Jäger, der einer Jungfrau nachstellt, in der Folgezeit abgewandelt wurde. Wenngleich das Schauspiel mit der Jungfrau und dem Jäger den Name Mädlesfels nahelegt, weist doch der ursprüngliche Name in eine ganz andere Richtung.So deutet der erste Teil des ursprünglichen Namens Met noch auf das mittelhochdeutsche Wort mēte, das wie die lateinische Entsprechung mētīrī, messen oder auch abmessen bedeutet. Um mit der Beobachtung der Sonnenwenden das Jahr zu vermessen, ist der darauf ausgerichtet Fels ja geradezu ideal. Für jemand der im bäuerlichen Kalender aber andere Daten benötigte, sind zwei Punkte im Tal von Bedeutung. So sieht man vom Hakenbühl aus den Sonnenaufgang am 15. Februar, dem Tag an dem heute noch das Pflugverbot auf dem Feld endet. Doch der viel wichtigere Tag, an dem einst das Bauernjahr begann, ist an der Mündung von Arbach und Fallbach zu sehen. Dort wo sich an Mariä Lichtmess Sonne und Wasser verbinden, ist dann der Sonnenaufgang über dem Fels zu sehen. Insofern bot der Fels für unterschiedliche Zwecke jeweils einen geschickten Visierpunkt um die Zeit zu messen. Das Wissen darüber ging längst verloren und nur in der schaurigen Sage ist dieses Geheimnis noch zu erkennen.

Bilder: Wikipedia/ Der Mädlesfels wie er im Sonnenuntergang über Eningen und Pfullingen wacht Dariusbenfoto , Wikipedia Commons, 4.0 international“ / Mädlesfels Talsicht,www.morgenspatziergang.wordpress.com / Klaus Hermann/ Simmulation, stellarium suneathtools, googlemap

Über das Schöne

Ein dem zu sehenden Gegenstand verwandt und ähnlich gemachtes Auge muss man zum Sehen mitbringen. Nie hätte das Auge jemals die Sonne gesehen, wenn es

über Zitat am Freitag : Plotin über das Schöne — Jargs Blog

Sonnenuntergang Floriansberg

Der Florian bei Grafenberg ist einer meiner Lieblingsaussichtspunkte hier am Rande der Alb. Die Aussicht von dort oben ist immer wieder beeindruckend und darüber hinaus ist der “Zustieg” schnell und einfach möglich. Gute 15min vom Parkplatz am Sportheim in Kappishäusern und man ist oben – auf dem Berg (ok, Hügel ). Besonders im Herbst ist […]

über Sonnenuntergang vom Florian bei Grafenberg — Der Albfotograf

Zauber des Donautales

Etwas verspätet, aber hier der „versprochene“ Beitrag. In den vergangenen Sommerferien haben wir unseren Urlaub im oberen Donautal verbracht. Um genau zu sein zwischen Beuron und Sigmaringen. Der Bauernhof, auf dem wir waren, war sehr schön, jedoch war es mir persönlich zu viel „Erlebnis-Bauernhof“ für Kinder und zu wenig „natürlich“. Trotzdem war der Hof im Großen […]

über Grüße von der Donau — PhotoExperiences Blog

Sehnsuchtsort Ulrichstein

Ulrichstein um 1900

Nur wenigen Felsen wurde ein solch literarisches Zeugnis gesetzt, wie dem Ulrichstein bei Hardt. Den Beginn machte der Dichter Friedrich Hölderlin mit seinem 1802 verfassten Gedicht `Winkel von Hardt´, in dem er der bizarren Felsenlandschaft bei Nürtingen ein literarisches Denkmal setzte. Da er vor dem einstigen Steinmonument bei Hardt seinem zärtlich geliebten Halbbruder des Öfteren begeistert aus Klopstocks Hermannsschlacht vorgelesen hatte verbanden ihn zahlreiche Jugenderinnerungen mit dem Ort. Den Felsen bei Hardt erwähnte Hölderlin auch seinen Briefen, wo er schreibt: `Ich dachte… an den schönen Mainachmittag, wo wir im Walde bei Hahrdt bei einem Kruge Obstwein auf dem Felsen die Hermannschlacht zusammen lasen. Das waren doch immer goldene Spaziergänge, Lieber, Treuer!´ Diese zur Schau getragene Begeisterung findet ihren Aus- druck in einem seiner ersten Gedichte, `Der Winkel von Hahrdt´. Dessen Urfassung soll aber zusammen mit einigen andern durch die Nachlässigkeit eines Freundes verloren ge- gangen sein.

Herzog Ulrich v. Württemberg

 

Um diesen von Hölderlin so geliebten mächtigen Felsblock rankt sich die Ulrichs Sage. Herzog Ulrich soll auf der Flucht vor den Spähern des Schwäbisch Bundes nach Hardt gelangt sein, wo zu dieser Zeit zwei ungefähr 4m hohe Felsblöcke standen, die eine schmale Spalte trennte. Diese Blöcke bestanden aus verkieseltem, dickbankigem, und plattige wirkendem Sandstein der Rhätkeuper-Formation. Das Felskonglomerat sitzt aber auf einer Schicht Knollenmergel der zu Rutschungen neigt. Rutschungen des Geländes und das Herausbrechen von Steinmaterial haben den Felsblock mittlerweile aber in Einzelteile zerbrechen lassen die weit auseinander liegen. Auf diese Weise ging viel von ihrer einstigen, monumentalen Wirkung verloren.

Ulrichstein heute

Zur Zeit der Sagenentstehung trug er der Fels auf Grund des Spaltes, noch den Namen Hohelen Stein. Dieser Spalt wurde in der Sage zur Höhle, in der sich im Jahr 1519 Herzog Ulrich versteckte. Wesentlichen Anteil an der Rettung des Herzogs hatte laut der Sage ein Pfeifer der aus dem nahen Ort Hardt stammte. In seinem Versteck wurde Ulrich auch von Hardter Bauern mit Lebensmitteln versorgt. Aus Dank für ihre Hilfe bedachte er die nach seiner Regierungsübernahme mit dem Privileg der Steuerfreiheit die bis 1808 gegolten hatte . Einzige Quelle dieser Erzählung ist aber eine mündlich überlieferte Sage, die der Oberensinger Pfarrer Wurm 1787 festgehalten hat. Sehr ausführlich schildert der Wilhlem Hauff die Ereignisse in Hardt in seinem Roman Lichtenstein. Auch der schwäbische Dichter Gustav Schwab griff den sagenhaften Stoff auf, den er 1815 in der Ballade `Der Hohlenstein in Schwaben´ verarbeitet. Schwab sieht nun die Flucht und Verbannung als Zeit der Läuterung des als maßlos verschrienen Herzogs an. In seiner Ballade verwandelt er sich in der entsagungsvollen Zeit der Flucht zu einem guten und vorbildlichen Fürsten.

abgerutschter Teil des Ulrichsteines

Der erhöhte Platz auf dem Fels lässt heute nur noch wenig von der einstigen Größe er- ahnen. Auch der üppige Baumbewuchs verhindert die früher mögliche Fernsicht über den gegenüberliegenden Talrand. Geht dort die Sonne auf, drängt sich unweigerlich eine Passage aus Hölderlins Stück Hyperion auf, wo er im Kapitel 45 schreibt: ` …. O Sonne, die uns erzog! rief Alabanda, zusehn sollst du, wenn unter der Arbeit uns der Mut wächst, …´ Stand man noch zur Zeit Ulrichs an Mariä Lichtmess an diesem Ort, so war von dort aus der Sonnenaufgang direkt über der Spitze des Teckberges zu sehen. Insofern war dies genau der richtige Ort, um in der Sage mit dem Beginn des Bauernjahres auch den Neubeginn der Herrschaft Ulrichs und dessen Wandel zum guten Fürsten zu verknüpfen.

Ulrichstein Sonnenrichtung

Der wenige Wochen zuvor, zeigte der Sonnenaufgang zur Wintersonnenwende über dem Beurener Fels, dass der Winkel von Hardt mit seinem Spalt, wohl zu früheren Zeiten bereits zur Sonnenbeobachtung gedient haben muss.

Bilder: Wikipedia/Brunnenskulptur „Pfeifer von Hardt“, Klaus Graf / Ulrichstein um 1900, Christine Ivanovic – Christine Ivanovic: Hölderlins „WInkel von Hahrdt“ als Erinnerungsort. Marbach am Neckar 2009/ Eigen, Ulrichstein heute/ Simulation,sunearthtools, opentopomap

Die Kapelle auf dem Käppele

Linde auf dem Käppele

Jedes Jahr veranstaltet die freiwillige Feuerwehr Dettingen ihr Sonnwendfest bei der Fried- enslinde auf der nahegelegenen Anhöhe Käppele. Der Höhenrücken bietet nicht nur eine fantastische Aussicht auf Albtrauf, Zeugenberge und Filderebene, sie blickt auch auf eine jahrtausende alte Geschichte zurück. Fast scheint es, als würde mit diesen jährlichen Sonnwendfest ein Teil jenes kulturellen Gedächtnisses weiterleben, das an die einstige Bedeutung dieses Ortes erinnert. Heute steht an dem Ort, wo die Funde von hunderten von Feuersteinen darauf hindeuten, dass er über Jahrtausende aufgesucht wurde, die Käppeleslinde. Sie soll 1874, nach dem Deutsch Französischen Krieg gepflanzt worden sein.

Pfeilspitzen aus dem Neolithikum

Zahlreiche Funde von Pfeilspitzen und Feuersteinen weisen hier darauf hin, dass der Ort bereits im 20. Jahrtausend v. Chr. Eine Bedeutung hatte. Auf Grund dieser Funde wird das Käppele als einer der interessantesten Siedlungsplätze der Steinzeit betrachtet. Doch nach dieser Epoche scheint auf Grund der Fundlage das Interesse an dem Ort erloschen zu sein. Der Flurname wird heute auf eine Kapelle zurückgeführt, die einst hier gestanden sein soll. Hinweise dazu gibt es aber nur einen einzigen. Er stammt aus einem Forstlag-erbuch von 1556, wo der Verfasser an dem Ort eine Kapelle vermutete. Auf Grund mangelnder Hinweise für diese Kapelle, erscheint das althochdeutsche Wort `kappa´, das sich aus `kaphen´, schauen, entwickelte, eine wahrscheinlichere Erklärung für den Flur- namen. Nur über die beiden Burgen, die dort im Mittelalter errichtet wurden, ist mehr be- kannt. Doch auch sie haben kaum 150 Jahre überdauert. Die Burgen die dort zusammen mit mehren Höfen standen war auf Grund des kargen Bodens wenig Glück beschwert.

Vulva-Ritzzeichnungen bei Les Eyzies-de-Tayac, Frankreich

Auf Grund der zahlreichen hier gefundenen Pfeilspitzen und Faustkeilen wird hier der Treff- punkt von Jäger-Nomaden vermutet, doch diese Funde können aber auch ganz anders interpretiert werden. Vertreter des Matriarachtsgedankens, wie Kirstin Armbruster, sehen in den dreiecksförmig bearbeiten Steinen Symbole einer schöpferischen Göttin, die eine Wiedergeburt ermöglichte. Als Erste Anzeichen dieses Glaubens wird ein dreieckiger Kalkstein gesehen, mit dem vor über 100 000 Jahren ein Kinderskelett bedeckt wurde. Diesen Gedanken äußerte auch der Kunsthistoriker Siegfried Giedion, der glaubte, dass die dreicksförmigen Zeichen auf Vorstellungen einer Wiedergeburt hindeuten. Die tradit-ionelle Wissenschaft sieht die Funde jedoch als Relikte von Jägern, die den Ort als Treffpunkt während ihrer Jagden nutzten. So schreibt der Prähistoriker Hansjürgen Müller-Beck dem Faustkeil eine universale Werkzeugeigenschaft zu und er sieht ihn als ständigen Begleiter des Steinzeitmenschen an. Ganz anders ist dagegen die Sicht von Materiarchatsforschern. Sie sehen in den formvollendeten Werkzeugen, deren Form in den meisten Fällen der Proportion des Goldenen Schnitts entspricht, sakrale Gegenstände an. Damit wäre auch der martialische Ausdruck Faustkeil völlig fehl am Platz, denn er passt ja gerade zum kriegerischen Aspekt des als Werkzeug angesehenen Gegen-standes. War das Käppele also viel mehr ein sakraler Ort, an den die Dettinger Feuerwehr heute mit ihrer jährlichen Sonnwendfeier erinnert?.

Käppele und die Sommersonnenwende

Bereits die Form der Landschaft spricht für diesen Gedanken. So weist der nach Dett- ingen reichende Geländesporn auf den Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende, der von der Linde aus, über dem Hohenstaufen zu sehen ist. Doch die bestimmende Land- marken sind die Teck und der Bosler mit der vorgelagerten Limburg. So ist der Sonnen- aufgang am 1. Februar in der Einkerbung des Teckberges zu sehen und der zur Winter- sonnenwende am Ende des Berges.

Käppele und Wintersonnenwende

Über der Limburg und dem östlich gelegen ist der Sonnenaufgang zu den Äquinoktien zu sehen. Dieses Datum ist aber nicht nur ein astronomisches Ereignis, sondern setzt auch eine Zäsur im Zyklus der Naturkreislaufes. Noch heute gibt es eine Bauernweisheit die für den 25.März sagt: `Ist der Sonnenaufgang an Mariä Verkündigung klar, dann gibt es ein gutes Jahr. Aus Babylon ist das erste Frühlingsfest der Geschichte überliefert das ebenfalls Ende März gefeiert wurde. Das Akitu-Fest war die wichtigste Zeremonie im babylonischen Festtagskalender in der die heilige Hochzeit vollzogen wurde, um den Segen der Götter zu erhalten. Höhepunkt des 11 Tage dauernden Festes mit Prozessionen, Spielen und Opferungen, war das Hochzeitsritual des Königs mit der Himmelskönigin Ištar, als Dank an die Götter für das erfolgreiche letzte Jahr und dem Segen für das neue Jahr.

Sonnenkalender Käppele

Das Käppele bietet sich also als Beobachtungspunkt von Sonnenaufgängen an wichtigen Jahresabschnitten an. Der Ort der heutigen Friedenslinde war damit in der Frühgeschichte auch sicher ein Ritualort des damaligen Glaubens. Die frühe Vermutung über die Entstehung des Namens deutet also in die richtige Richtung. Das Käppele als Land- schaftpunkt erfüllte einst wohl einen Zweck, für den das Christentum später den Bautyp der Kirche einführte.

Bilder: ttps://kirstenarmbruster.files.wordpress.com/2014/01/vulvaritzzeichnungen-bei-les-eyzies-de-tayac1.jpg / Vulva-Ritzzeichnungen bei Les Eyzies-de-Tayac, Frankreich / Eigen/ Friedenslinde Käppele, Panorama Hohenstaufen( Käppele und die Sommer-sonnenwende, Simulation Suneartthools, opentopo map

Die Quellen der Fils

Landschaftsschutzgebiet Oberes Filstal, unweit des Quelltopfes

Die Fils entspringt unter einem Bergsporn in einem abgelegenen Tal bei Wiesensteig. Zum Ursprung ihres Namens Filisa, der erstmals im Jahr 861 in Erscheinung tritt, gibt es mehrere Vermutungen. Eine zielt auf das germanische Wort filis, der Fels. Dies würde auf den heute überwachsen Bergsporn zutreffen. Eine weitere sieht den Namensursprung in der indogermanischen Silbe `pel´, was fließen bedeutet. Sie soll später eine lautliche Ver- änderung erfahren haben. Beide Erklärungen wollen aber nicht zur alten Schreibweise des filsgaues passen. Diese Landschaftsbezeichnung taucht in Urkunden in unterschiedlichen Versionen auf, wie Filisgawe, aber auch Filiwisgow, oder Philisgow. Hier setzt die Vermut- ung an, dass der Fluss einst Felwisa hieß und sich aus dem germanischen Wort felwa entwickelte, das Weide bedeutet. Auch im Mittelhochdeutschen hat sich der Name für die Weide mit velwa erhalten und ist heute im Schwäbischen noch als Felbe gebräuchlich. Auf den ersten Blick konnte dies auf einen einst dichten Weidenbestand entlang des Flusses schließen lassen. Folgt man aber der Flis bis zu ihrem Ursprung im Hasental bei Wiesensteig, so bietet sich hier auch eine ganz andere Erklärung an.

Silber-Weide

Eine Wasserquelle, wie auch Fließgewässer, waren schon immer Sinnbilder für Fruchtbarkeit, aber auch für Vergänglichkeit. Daher wurden Flüsse in vorchristlicher Zeit auch als Sitz chtonischer Gottheiten, den erdbezogen Gottheiten gesehen. Weil sie den Menschen Nahrung brachten, wurden Flussgötter(innen) auch gerne mit einem Füllhorn dargestellt. Männliche, wie weiblich Flussnamen die sich daraus ableiteten, sind heute in etwa gleicher Anzahl vertreten. Nur wenige Orte wie die `Fontes Sequanae´, die Quelle der Sequana in Saint-Seine-l’Abbaye bei Dijon, verweisen heute noch direkt auf die einstige Rolle von Flussgöttinnen. Hier wurden bislang neun Inschriften gefunden, in denen die Sequana, die Göttin der Seine namentlich erwähnt wurde. Alle enthalten Dankesbezeugungen, in den die Heilkräfte der Göttin gerühmt wurden. In dem Sumpfgebiet, in dem die Quelle entspringt, gab es vermutlich bereits ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. einen Tempelbezirk, in dem kult- ische Handlungen begangen wurden. Die Naturgottheit, die einst als Erscheinung in der Landschaft verehrt wurde, bekam so einen baulichen Rahmen.

Statue der Sequana an der Quelle der Seine

Diesen Eindruck einer bewusst gestalteten Umgebung vermittelt auch die Filsquelle. Sie liegt vor einem Bergsporn der durch zwei Taleinschnitte vom Hang getrennt ist. Beide geben von der Quelle aus den Blick frei zum Sonnenauf- und Untergang zur Wintersonnenwende. Ein Ort also, für die perfekte Verbindung von Wasser- und Sonnensymbolik. War dies ein ähnlicher Kultort wie die `Fontes Sequanae´, so bietet sich damit auch eine Erklärung für die Namensentwicklung der Fils aus dem alten felwa, dem Weidenbaum. In der nordischen Kultur galt er als Baum der Göttin Freya deren Fest die Wintersonnenwende war. Ihr Wohnort waren Weiden aus denen sie mit ihrem von Katzen gezogenen Wagen  herausfuhr. Die Weide galt als Gebärerin des Lebens, denn im germanischen Glauben angelte die Göttin die noch ungebor- enen Kinder mit Weidenzwiegen aus dem Kosmos. Aus dem Grund trägt auch der Storch in manchen Darstellungen noch heute die obligatorische Weidenschlinge im Schnabel. Da der Baum als Wohnsitz der Göttin betrachtet wurde, gibt es auch zahlreiche Sagen von Menschen die in der Weide verschwinden. Seine magische Kraft diente nicht nur zur Fertigung von Wünschelruten, sondern auch für magische Körbe die an Bäumen aufgehängt wurden.

Die Filsquelle

Freya gehörte als Tochter des Meergottes Njörd und der Riesin Skadi, zu den Wanen. Sie galt als die große Stamm-Mutter Nordeuropas. In den mythologischen Vorstellungen besaß sie das Wissen und hütete die heiligen Gewässer. Zur Winter-sonnen- wende brachte sie das Sonnekind Freyr zur Welt, dem sie zugleich Mutter, Schwest- er und Braut war. Freya besaß ein Schwanenkleid und einen Mantel aus Falkenfedern. Beide Gewänder nutzte sie auch zum fliegen und mit ihnen konnte sie sich in die entsprechenden Vögel verwandeln. Auch dies deutete auf ihre schaman-ischen Wurzeln hin.

Göttin Freya mit Katzenwagen

Die ihr zugeschriebene Fähigkeit der Zauberei machte den Weidenbaum zu einem magischen Baum. Die Kirche sah ihn mit zwiespältigem Blick. Einerseits wurde die Palmzweige am Palmsonntag in der Kirche geweiht und Weidenzweige dienten auch zum Abstecken der Felder um sie fruchtbar zu machen. Dennoch erklärte die Kirche den Baum zum Hexenbaum. So sollen nach zeitgenössischen Auslegungen Hexen- besen hauptsächlich aus geflochtenen Weidenzweigen gefertigt worden sein. Ebenso existierte die Vorstellung, dass Hexen die in Weiden verschwanden, aus ihnen als schwarze Katzen wieder hervortraten.

Steinernes Weib Sonnenaufgang

Dieser Aberglaube trieb seltsame Blüten und nicht weit vom Quelltopf der Fils entfernt erreichte er im 16. Jahrhundert einen unrühmlichen Höhepunkt. Die Glaub- enskämpfe der Gegenreformation, Abspaltungen innerhalb der Lutherischen Kirche und ein durch einen Vulkanausbruch in Island ausgelöster Klimaeinbruch schufen die Grund- lage für eine Hexenangst, die sich von Wiesensteig innerhalb kurzer Zeit über das gesamte Heilige Römische Reich ausbreitete. Als am 3. August 1562 ein Hagel- sturm das Filstal verwüstete, wurden sofort Hexen im Umkreis von Wiesensteig beschuldigt das Unwetter mittels Zauberei hervorgerufen zu haben. Weder die Er- mahnung des württembergischen Herzogs, noch des Reformators Brenz konnten den Helfensteiner Grafen Ulrich davon abhalten, in der Folgezeit über 60 identifizierte Hexen auf grausamste Weise zu foltern und schließlich verbrennen zu lassen. Die in Wiesensteig ausgelöste Hexenangst führte an vielen Orten zu zahllosen weiteren Prozessen, mit denen die bösen Mächte bekämpft werden sollten. Nur in wenigen wurde später Reue gezeigt. Erst 2017 konnte sich auch der Gemeinderat in Wiesen- steig dazu durchringen, die während des religiösen Wahns getöteten öffentlich zu rehabilitieren. Dass in Wiesensteig wohl noch mehr vom Erbe der alten Mutter- gottheit überlebt hat, ist auch im sagenumwobenen Steinern Weib zusehen, einer, Felsstele südlich des Ortes. Steht man an Mariä Lichtmess auf dem Katzenfelsen am westlichen Ortsausgang, so geht die Sonne am Morgen über der Gesteinsskulptur auf, die laut einer Sage eine versteinerte Mutter enthalten soll, deren Seele einst zur Hölle fuhr..

Bilder: Wikipedia / Landschaftsschutzgebiet Oberes Filstal – Stadt Wiesensteig (LSG – 1.17.067): Unweit dieses Ortes entspringt die Fils / R.kaelcke / Silber-Weide (Salix alba) Crusier / Statue der Sequana an der Quelle der Seine, Adrian Michael / Göttin Frey auf Katzenwagen/ Simulation Sunearthtools

Die Alb lebt

Am Samstag fand im hübschen Weilheim/Teck der 2. Zähringermarkt statt. Weilheim liegt am Fuße der Schwäbischen Alb und gehört zu den 12 Zähringerstädten.

über Zähringer Markt Weilheim – Regionales und Mittelalterliches ganz nah — Einfach Ich