Sonnenkult in Niedergundelfingen

Burg Niedergundelfingen bei Sonnenaufgang

Die Ruine Niedergundelfingen liegt auf einem Umlaufberg der Großen Lauter, nur 800 Luftlinie entfernt von ihrer Schwesterburg Hohengundelfingen. Vermutlich entstand die Burg am Beginn des 11. Jahrhunderts und wurde als Stammsitz der Herren von Gundel-fingen errichtet. Bis 1250 wurde sie dann von dem Ritter Swigger IX.de Novogundelfing ausgebaut Noch im 17.Jhd. gehörten zur Burg, die mit einem umlaufenden Graben ver- sehen ist, ein Backhaus, sowie eine dem heiligen Michael geweihte Kapelle. Die recht-eckige, ungewöhnlich hohe Zwingmauer entspricht in der Gestaltung der des stauf-ischen Wäscherschlosses Eine wohl im 17. Jhd. entstandene Sage erklärt die Ent- stehung beiden Burgen durch zwei verfeindete Brüder, denen ihr Vater beide Burgen erbauen ließ.

Umlaufberg mit der Ruine Niedergundelfingen, Foto Reiner Enkelmann

Konrad, der laut der Sage auf Niedergundelfingen lebte, traf eines Tages auf der Jagd ein wunderschönes Mädchen das er heiraten wollte, Als die Hochzeit bereits arrangiert war, ließ Eberhard, der verfeindete Bruder die Braut entführen und töten. Voller Zorn erblickte Konrad seinen Bruder auf der oberen Burg und schoß einen Pfeil auf ihn. Im selben Augenblick zielte aber auch er einen Pfeil auf ihn und so wurden beide zur gleichen Zeit getötet. Das Motiv des Pfeiles, aber auch das der beiden Brüder erinnert auch an die wesentlich ältere Sage der Edda, in der ebenfalls ein Brudermord mit einem Pfeil geschildert wird. Baldur und Odin Zwillingsingsbrüder und Söhne des obersten Gottes Odin. In der Sage verkörpert Baldur die positiven Eigenschaften seines Vaters und steht für Aspekte wie Glück und die Schönheit der Welt. Der blinde Hödur aber steht für Odins dunkle Seite, die sich am Tod erfreut.

Balder wird unter Lokis Anleitung von Hödur mit einem Mistelzweig getötet. Aus einer isländischen Handschrift des 18. Jahrhunderts. Wikimedia

Dies erfüllt ich auch in einer schicksalshaften Begegnung der Brüder, bei der Hödur seinen Baldur mit einem Mistelzweig erschießt. In doppelter Form verweist dieses Ereignis auf die Sonnenwenden, denn während der Sommersonnenwende entfalten sich die Blüten der Mistel für kurze Zeit und eifen dann bis zur Wintersonnenwende. Wie die Mistel, so reifen auch zahlreiche amdere Kräuter, wie das Johanniskraut zu diesen Zeitpunkt. Baldur der nordische Gott des Lichtes, ist auch mit dem griechischen Apollon vergleichbar. Im Sagenkreis der Edda verkörpert er die Sonne und seine Schwester Nana den Mond. Betrachtet man den Kreislauf der Natur, so steht die Freude über das Leben und die Trauer über den Tod in enger Beziehung. Deshalb musste in dieser Vorstellungswelt eines stetigen Kreislaufes auch der Sonnengott am Tag seiner größten Kraftenfaltung sterben, damit er zur Wintersonnwende als Sonnenkind neu geboren werden konnte. Der Beliebtheit dieses Mitsommerfestes setzte das Christentum 2 gewichtige Heilige entgegen.  Als leuchtendes Beispiel des Glaubens wird Johannes der Täufer am 24. Juni gedacht und er ist neben Maria auch der einzige Heilige dessen Geburt gefeiert wird

Mosaik Johannes’ des Täufers in der Hagia Sophia in Istanbul (12. Jh.)

Johannes steht damit am Endpunkt einer Reihe von Propheten, die auf das Kommen von Jesus vorbereiten und in dieser Rolle macht er auch eines Tages die Aussage: `Er muss wachsen (Jesus) , ich aber abnehmen´. Dies erfüllt sich dann auf grausame Weisem, denn Johannes wird auf der Festung des Herodes auf Wunsch der Salome enthauptet. Diesem Ereignis wurde einst mit dem Ende des Sommers, am 29. August gedacht. Während Johannes für das Sterben der Sonne steht, diente der heilige, Vitus mit seinem Martyrium in einem Kessel kochenden Wassers als indirekte Warnung die alten Bräuche nicht weiter zu verfolgen. Gerade der Kessel war das Sinnbild für jene berauschenden Kräuter-getränke die zu ekstatischen Freudenfeiern während des Mitsommerfestes ge- trunken wurden. Dass gerade diese beiden Burgen für den Tag der Sommersonnenwende stehen liegt an ihrer geradezu perfekten Lage.So ist vom Standort der Ruine Niedergundelfingen aus der Sonnenaufgang am Morgen der Sommersonnenwende direkt hinter dem Turm von Hohengundelfingen aus zu beo-bachten. Dann wirkt der aus Buckelquadern gebaute Tum für wenige Augenblicke wie ein Kreuz das von einem Strahlenkranz umgeben ist. Dieses Ereignis bietet auch eine Erklärung für den Name Gundelfingen. So scheint der Name Gundel aus aus den germanischen Wort für Streit und Kampf entstanden zu sein. Dieses deutet hier aber nicht allein auf kampfbereite Ritter oin , sondern eben auch auf den Kampf der Sonne im Zenit ihrer Laufbahn und den damit einhergehenden Abstieg.Dass dieser Sonnenbezug der beiden Orte bereits Jahrtausende früher bekannt war, darauf deuten die zahlreichen Funde aus der Bronzezeit entlang des Lautertales.

Hohengundelfingen – Sommersonnenwende,eigen

Bilder: Wikipedia/ Im Zentrum der Umlaufberg mit der Ruine Niedergundelfingen, im Vordergrund Hohengundelfingen, Foto Reiner Enkelmann CC BY-SA 3.0 de / Balder wird unter Lokis Anleitung von Hödur mit einem Mistelzweig getötet. Aus einer isländischen Handschrift des 18. Jahrhunderts. Wikimedia gemeinfrei /Mosaik Johannes’ des Täufers in der Hagia Sophia in Istanbul (12. Jh.)Wikimedia gemeinfrei/Niedergundelfingen(Sommersonnenwende) eigen/ Hohengundelfingen -Sommersonnenwende,eigen Opentopomap, Stellarium

 

Baldern und die Sonnenlinie

Balder wird unter Lokis Anleitung von Hödur mit einem Mistelzweig getötet

In der nordischen Mythologie ist Balder der einzige Gott, der ausschließlich gute Züge hat. Der hellhäutigste unter den Göttern wohnt er in Breidablick, in Mimers Hain. Dort wurde er auch häufig um Rat gebeten. Da er aber immer nur das Gute herbei beschwören wollte, waren seine Ratschläge eben immer nur sehr kurzlebig. Balder wurde als Sohn Odins und Friggs geboren. Er war mit Nanna aus dem Geschlecht der Asen verheiratet war. In den Vorstellungen der nordischen Mythologie sollte Balder nach Ragnarök, dem Untergang der Welt, mit seiner Gemahlin wieder aus dem Reich des Todes zurückkehren und eine neue Welt gründen. Sie sollte dann nur das Gute verkörpern, also nicht mehr von Gut und Böse gleichzeitig beherrscht werden. Balder, der als unendlich schön geschildert wird, war der Beschützer der Sonne, er stand für Reinheit, Tugendhaftigkeit, Schönheit und dass Lichts. In seiner Rolle entsprach er in etwa dem griechischen Sonnengott Apollon. Der Name seiner Gemahlin Nanna, bedeutet in der altnordischen Sprache Mutter, oder auch die Wagemutige, In der Mythologie wird sie nach dem Tod Balders, der durch einen Mistelpfeil stirbt, mit ihm verbrannt.

Schloss Baldern von Südosten

Tatsächlich gibt es einen Ort der Balders Namen trägt und mit seiner Eigenschaft die Erinnerung an den einstigen Gott des Lichtes wieder wach werden lässt. Unweit von Bopfingen liegt hoch über dem idyllischen Dorf Baldern das Schloss Baldern. Das zwischen 1718 und 1737 errichtete Schloss wurde unter der Leitung von Graf Wilhelm zu Oettingen – Baldern erbaut und befindet sich noch heute im Besitz der fürstlichen Familie zu Oettingen – Wallerstein. Doch ein Vorgängerbau, der sich im Besitz der Edelferien von Baldern befand, wurde bereits im 12. Jahrhundert in Urkunden erwähnt. Bereits Ende des 13. Jahrhunderts gelangte die Burg in den Besitz Ludwig V von Öettingen. Auffällig an dem Berg ist auch hier die ellipsoide Grundform, deren Mittelachse auf zwei Punkte zielt: den Einkorn bei Schwäbisch Hall und der sogenannte Hexenfelsen bei Nördlingen. Die Verbinungslinie aller 3 Punkte entspricht hier der Richtung des Sonnenunterganges am 1. August.

Ausrichtung des Berges

Der Hexenfelsen, der einstige Galgenberg Nördlingens, heißt heute Marienhöhe. Seinen Namen erhielt er nach der Prinzessin Marie Friederike von Preußen, doch die Erinnerung an die Nördlinger Hexenprozesse und deren Hinrichtungen sind immer noch in lebendiger Erinnerung. Geologisch gilt der kantige Block auf der Anhöhe südlich von Nördlingen als ein Erosionsrest dolomitischer Süßwasserkalke. Sie bildeten sich nach dem der Rieskrater sich mit Wasser füllte und in dem Krater- see sich Massekalke durch Ablagerungen von Algen und Muscheln bildeten. Den- noch ist seine kantige Form auffällig und erinnert weniger an eine zufällige Erosions- form, sondern an eine bewusste Gestaltung. Vergleicht man diese Form mit der Sonnenuntergangslinie die zum Einkorn führt, so steht eine Seite des Hexenfelsens genau im rechten Winkel dazu. Dies deutet auf eine altarähnliche Konzeption dieses Ortes hin, die einst den Anfangspunkt der Linie gebildet haben könnte. Damit wäre der Berg des Schlosses Baldern als eine Art Verbindungsort zu sehen, ähnlich wie der im 3. Jahrtausend in Südengland entstandene Silbury Hill. Eine mögliche Erklär- ung zur Entstehungszeit dieser Linie bietet die Besiedelung des Nördlinger Ries in der mittelneolithischen Zeit.

Nördlingen, Westseite des Hexenfelsens

Eine mit Baldern namensverwandte Siedlung befindet sich im Norden der Stadt Nörd- lingen, die Siedlung Baldingen. Hier wurden vor Jahren 20 Langhäuser aus der Zeit des Mittelneolithikums entdeckt. Eine ganz ähnliche Siedlung fand man auch im Osten Schwäbisch Halls, unweit des Einkorns. Über einen Kult Balders und dessen Datum ist nichts Greifbares überliefert. Dass gerade das Datum des Sonnenuntergangs am 1. August mit der Linie übereinstimmt, lässt an den irisch-keltischen Feiertag Lughnasadh denken, an dem der Tod des Sonnengottes Lugh gefeiert wurde. Er war der Gott der Inspiration und des Lichts, Schutzpatron der Dichter. Auch Balder wird in der Mythologie als Gott des Lichtes beschrieben. Damit gleich er am ehesten dem griechisch-römischen Apollon. In Rom wurde Apollon zwischen dem 6-13. Juli gefeiert, während in Athen zahl- reiche Feiern des Apollo in den Monaten Juli und August stattfanden. Unterschiedliche Eigenschaften des Lichtgottes wurden in diesem Zeitraum gefeiert. Im heißen Hekat-ombaeon, dem Monat der früher nach dem Kronos benannt war, wurden ihm vorzugs- weise Opfer dargebracht und im August folgte ein Fest der städtischen Gastlichkeit und guten Nachbarschaft, welches den Apollo Metageitnios, den der heiteren Lust verherr-lichte. Da die Linie Hexenfelsen-Baldern-Einkorn auch mit der kleinen Mondwende Nord übereinstimmt, stand diese Richtung ursprünglich wohlebenso für eine Mondgottheit.

Bilder: Wikipedia/Balder wird unter Lokis Anleitung von Hödur mit einem Mistelzweig getötet. Aus einer isländischen Handschrift des 18. Jahrhunderts / Schloss Baldern von Südosten gesehen, Bernd Haynold / Nördlingen, Westseite des Hexenfelsens, Renardo la vulpo/ Simmulation, sunearthtools.