Die Burg Baldenau und der Hirte

Burg Baldenau Bergfried, Foto Rolf Kranz

Im Jahr 1315 ließ der Erzbischof und Kurfürst Balduin von Trier die nach ihm benannte Burg Baldenau bei Morbach im Landkreis Bernkastel-Wittlich errichten. Die trapezförmige Wasserburg mit dem markanten Bergfried stellt doch die Frage, in wie weit bei einem geistl-ichen Würdenträger der Glaube doch die Form seiner Burg beeinflusst hat.

Balduin war von 1328 bis 1336 Erzbischof und Kurfürst von Trier. Während er hier sein Amt ausübte, zeigte sich sein politischer Gestaltungswille nicht nur in Trier. sondern er offenbarte auch das Bestreben, seiner Familie in Luxemburg eine Führungsrolle im Heiligen Römisch-en Reich zu sichern.

Erzbischof Balduin von Luxemburg, Museum am Dom Trier, Foto Markus Groß-Morgen

Nach übereinstimmenden Beschreibungen war Balduin aber ein frommer und asketischer Mensch, der seine Regentschaft im inne seines Auftrages ausübte. Seine besondere Förd-erung galt aber dem Orden der Kartäuser, die auf Balduins Initiative hin, Konvente in Kob-lenz und Trier gründeten. Gerade die Kartause in Trier hatte es ihm besonders angetan, denn dorthin zog sich Balduin gerne zur Meditation zurück.

Burg Baldenau gesamt, Foto Krd

Der vom heiligen Bruno von Köln gegründete Orden hat den Wahlspruch: Stat crux dum volvitur orbis (Das Kreuz steht fest, während die Welt sich dreht). In jener Zeit gründet der Orden zahlreiche Kartausen, die alle Maria, der Mater singularis Cartusiensium, der einzig-artigen Mutter der Kartäuser, geweiht waren. Als zweiten Ordenspatron wählte Orden Johannes der Täufer, den letzten Propheten des Alten Testaments.

Grundriss Baldenau, Grafik Burgenarchiv

Betrachtet man nun die Burg Baldenau, so stellt sie eine gebautes Zeichens des Täufers und Schutzpatron der Kartäuser dar. So wie einst der kosmische Hirte, der heute nur noch als Bärenhüter bekannt ist, am Abend des Todestages von Johannes am Himmel erschien, so markierten dessen Sterne auch die Geometrie die Burg. Damit erinnerte der kosmische Hirte an das Schicksal des Täufer und des Enthauptung durch Herodes Antipas, die im 6. Kapitel des Markusevangeliums geschildert wird. Inhaltlich richtig markierte dann der Kopf und die Schulterpartie des Hirten auch den Wohnteil der Burg. Damit erinnerte hier der Kopf auch an Balduins Amt, das er als geistlicher Hirte ausübte.

Bilder: Wikipedia/ Burg Baldenau Bergfried, Foto Rolf Kranz,(CC BY-SA 4.0) /Burg Baldenau gesamt, Foto Krd, (CC BY-SA 3.0) / : Chorstuhlwange aus dem Trierer Karthäuserkloster mit Darstellung von Erzbischof Balduin von Luxemburg, Eichenholz, um 1340. Museum am Dom Trier., Foto Markus Groß-Morgen, (CC BY-SA 3.0)/Greundriss Baldenau, Burgenarchiv, stellarium, eigen

Die Rose des Rosensteins und die Burg

Ruine Rosenstein, Foto Kreuzschnabel

Auch die polygonalen Geometrien von Burgen, wie die der Burg Rosenstein, verweisen noch auf eine Geisteswelt, in der der Glaube und das Bauen noch eine enge Bindung hatten. So ist auch hier ein Gedanke erkennbar, der die Vorstellungen des Mittelalters widerspiegelt die eine Angleichung von irdischen und kosmischer Welt zum Ziel hatte.

Diese Verbindung entstand durch das Sternbild des Bärenhüters, der im Mittelalter als Hirte , oder als kosmischer Winzer gesehen wurde. Dessen Geometrie deckte sich hier mit der der Burg während Sicht am Abend des Magdalentages.

Die Burg und der Magdalenetag

Die heilige Magdalena zählt in den Texten des neuen Testamentes stets zu den Frauen die besonders hervorgehoben wurden, denn sie war auch die erste Frau, die den Wiederaufer-standen zu Gesicht bekam. Aus dieser Begegnung entstand auch die Rosenlegende. Sie erzählt von den Tränen der Magdalena erzählt, die rote in weiße Rosen der Reinheit ver-wandelt hätten. Aber auch ihr Name verweist auf den Ort, denn im Hebräischen bedeutet er Burg.

Byzantinische Ikone der hl. Maria Magdalena

Doch auch die Ausrichtung nach Westen ist nicht zufällig gewählt worden denn sie wies einst auf den Sonnenuntergang am Valentinstag. Er war nicht nur einer der beliebten Heiligen des Mittelalters, sondern seine Reliquien in der Kirche Santa Maria in Cosmedin in Rom verweisen wieder auf die Verbindung des Rosensteins zu jener Rose mystica des Mittelalters.

Bilder: Wikipedia/ Ruine Rosenstein, Foto Kreuzschnabel, CC BY-SA 3.0 / Burgruine und Fernsehturm, Foto Pwagenblast , Byzantinische Ikone der hl. Maria Magdalena mit ihrem Attribut, dem Myrrhegefäß, Foto https://web.archive.org/w, gemeinfrei7 Die Burg, Foto stellarium, burgenarchiv

Prag, Libusa und der Pflüger

Die Prager Burg von Südwesten, Foto Diliff

Nicht nur in de Antike gab es zahlreiche Legenden die die Gründung und Kultur einer Stadt oder eines Herrschergeschlechtes erklärten. Auch in den Sagen Böhmens findet sich eine Erzählung, in der sich Parallelen zu den alten Vorbildern finden lassen. Zwei Legenden, die Histoianslegende, wie auch die Chronica Boemorum berichten über die Entstehung des böhmischen Herrscherge-schlecht- es. So sollte die Wahrsagerein Libusa eines Tages die Nacholge ihres Vaters Krok werden. Er war Richter und zugleich auch Nachfahre des Čech, des legendären Stammvaters der Tschechn, der Urvater Cech. Libusas Stellung wurde aber von den Ältesten angezweifelt, worauf sie ihrem Volk den Verlust der Freiheit voraussagte. Um das Volk aber zu retten, willigte Libusa in eine Heirat ein, Auf ihren Rat hin zog eine Abordnung zu einem weisen Mann mit Namen Premysl. Die Abordnung traf ihn in der Nähe der heutigen Stadt Ústí nad Labem , wo er damit beschäftigt war, sein Feld mit zwei gescheckten Ochsen zu pflügen. Přemysl lud alle zu einem Essen ein und steckte anschließend eine Haselrute in die Erde. Während alle die Mahlzeit genossen, verdorrten aber zwei der Triebe. Dies be- trachtete Přemysl als Omen und erklärte dies so: Fortan sollte es immer nur einen Herrscher aus seinem Geschlecht geben. Nachdem das Mahl beendet war, packte er seine Bastschuhe ein, die ebenso ein Zeichen seines einfachen Lebens waren und begleitete die Abordnung zur Burg der Libusa, wo anschließend die Hochzeit stattfand.

Přemysl der Pflüger. Fresko in der Znaimer Katharinenrotunde, Anonym

Die Legende gibt es mehrere Varianten, wobei eine das Geschehen ins 7. Jahr- hundert verlegt. Sie erzählt auch, wie die Gründung der Prager Burg erfolgt sein soll. Eines Tages soll die hier Libusa, als Prinzessin beschrieben, zusammen mit ihrem Gatten auf einer Klippe an der Moldau gestanden sein. Dort soll die prophe- tisch begabte in einer Vision den Standort der neuen Stadt erblickt und daraufhin auf einen Hügel gedeutet haben. Dabei rief sie dann; `ich sehe eine große Stadt, deren Ruhm bis zu den Sternen reichen wird!´ Anschließend gab sie den Auftrag dort ein Schloss zu errichten, doch dort hatte gerade ein Mann begonnen die Schwelle zu einem neuen Haus zu errichten. Aus dem Grund nannte sie die neue Stadt nach dem Tschechischen Wort für Schwelle, Prahi. Im 9.Jahrhundert machte die Premyslid-Dynastie Prag dann tatsächlich zu ihrem offiziellen Sitz. Dort erwähnt die älteste Schrift für diesen Zeitraum die Gründung einer Marienkirche durch den ersten belegten belegten Přemyslidenfürsten Bořivoj.

Ludwig von Schwanthaler/Ferdinand von Miller: „Libuše“ (1851), Foto Leonce49

Der Ursprung des Namens der Libusa wird in der slawischen Sprache vermutet und mit ‚Liebling‘ oder ‚Liebe‘ gedeutet. Zu dieser Interpretation würde auch der bereits erwähnte Sonnenaufgang am 1.Mai passen, mit dem der Monat der liebenden beginnt. Auch der Name des Vater Krok verweist auf ein Symbol der Sehnsucht. Krok, der in manchen Varianten der Erzählung auch als Krokus bezeichnet wird, entspricht in dieser Form der uralten Kulturpflanze die im Orient den Safran liefert. Er ist Gewürz und Heilpflanze zugleich, zugleich gilt er aber auch als Symbol des Wohlstandes, Fruchtbarkeit und der Macht. Doch der zentrale östliche Teil des trapezförmigen Bergspornes war bereits lange vorher besiedelt und durch einen 4m breiten Graben abgetrennt. Legt man jedoch eine Mittellinie über diesen Berg- sporn wird ersichtlich, weshalb das Gelände nicht allein durch seine erhöhte Lage über der Moldau, sondern ebenso durch seine Ausrichtung von mytho-logischer Be deutung war.

Die Prager Burg und das Sternbild des Pflügers

So zielt die Mittellinie des Bergsporns heute auf den Sonnenaufgang am 30. April, der umgerechnet im 12./13.Jhd., dem Sonnen- auf gang am Georgstag entsprach. In Gegenrichtung war dann am Morgen des 1, Februar Arcturus, der hellste Stern des Boötes oder auch des Pflügers zu sehen, bis er im Licht der Sonne verblasste. Dies führt zurück zur Legende der Libusa, die einen Mann sah, der eine Schwelle Die Schwelle bedeutet Übergang, aber auch grenze. So kann im übertragenen Sinn auch das Datum des 1. Februar als Schwelle gedeutet werden, denn mit diesem Datum begann auch das neue Bauernjahr. Doch auch die poly- gonale Form der Burg deckte sich mit der Gestalt des verstirnten Pflügers, denn am Morgen des Lukastages war er so am himmel zu sehen und entsprach damit dem Grundriss der Burg. Neben seiner Rolle als wichtigste Evangelist. hat Lukas für Prag noch eine ganz besondere Bedeutung.In Santa Giustina in Padua hatten die Benedikt-inermönche fr die Reliquien des Lukas in einen Sarkophag gebaut und ihm dann eine eigen Kapelle errichtet Zahlreiche Pilger kamen dann nach Padua, um dort das Grab des Heiligen zu besuchen. Unter ihnen war auch Kaiser Karl IV., König von Böhmen. Für den Veitsdom in Prag, das zu dieser Zeit Hauptstadt des Kaiserreichs war, ließ  er sich den Schädel des Leichnams übergeben. Seitdem wird de Evangelist auch in Prag verehrt. Die Position des Pflügers erinnerte an dieses. für das Chrstentum wichtige Zeugnis des Evangelisten und den Ort seiner Reliquie.

 

Bilder: Wikipedia / Die Prager Burg von Südwesten, Prague_Panorama_-_Oct_2010, Foto Diliff , CC BY-SA 3.0 / Přemysl der Pflüger. Fresko in der Znaimer Katharinenrotunde , Anonymhttps://pf.ujep.cz/~velimskyt/Dejiny_umeni/Dejum07/rsc031a.jpg , gemeinfrei /Ludwig von Schwanthaler/Ferdinand von Miller: „Libuše“ (1851), Foto Leonce49 CC BY-SA 3.0 de – Prager Burg und Pflüger / stellarium, sunearthtools