Baldern und die Sonnenlinie

Balder wird unter Lokis Anleitung von Hödur mit einem Mistelzweig getötet

In der nordischen Mythologie ist Balder der einzige Gott, der ausschließlich gute Züge hat. Der hellhäutigste unter den Göttern wohnt er in Breidablick, in Mimers Hain. Dort wurde er auch häufig um Rat gebeten. Da er aber immer nur das Gute herbei beschwören wollte, waren seine Ratschläge eben immer nur sehr kurzlebig. Balder wurde als Sohn Odins und Friggs geboren. Er war mit Nanna aus dem Geschlecht der Asen verheiratet war. In den Vorstellungen der nordischen Mythologie sollte Balder nach Ragnarök, dem Untergang der Welt, mit seiner Gemahlin wieder aus dem Reich des Todes zurückkehren und eine neue Welt gründen. Sie sollte dann nur das Gute verkörpern, also nicht mehr von Gut und Böse gleichzeitig beherrscht werden. Balder, der als unendlich schön geschildert wird, war der Beschützer der Sonne, er stand für Reinheit, Tugendhaftigkeit, Schönheit und dass Lichts. In seiner Rolle entsprach er in etwa dem griechischen Sonnengott Apollon. Der Name seiner Gemahlin Nanna, bedeutet in der altnordischen Sprache Mutter, oder auch die Wagemutige, In der Mythologie wird sie nach dem Tod Balders, der durch einen Mistelpfeil stirbt, mit ihm verbrannt.

Schloss Baldern von Südosten

Tatsächlich gibt es einen Ort der Balders Namen trägt und mit seiner Eigenschaft die Erinnerung an den einstigen Gott des Lichtes wieder wach werden lässt. Unweit von Bopfingen liegt hoch über dem idyllischen Dorf Baldern das Schloss Baldern. Das zwischen 1718 und 1737 errichtete Schloss wurde unter der Leitung von Graf Wilhelm zu Oettingen – Baldern erbaut und befindet sich noch heute im Besitz der fürstlichen Familie zu Oettingen – Wallerstein. Doch ein Vorgängerbau, der sich im Besitz der Edelferien von Baldern befand, wurde bereits im 12. Jahrhundert in Urkunden erwähnt. Bereits Ende des 13. Jahrhunderts gelangte die Burg in den Besitz Ludwig V von Öettingen. Auffällig an dem Berg ist auch hier die ellipsoide Grundform, deren Mittelachse auf zwei Punkte zielt: den Einkorn bei Schwäbisch Hall und der sogenannte Hexenfelsen bei Nördlingen. Die Verbinungslinie aller 3 Punkte entspricht hier der Richtung des Sonnenunterganges am 1. August.

Ausrichtung des Berges

Der Hexenfelsen, der einstige Galgenberg Nördlingens, heißt heute Marienhöhe. Seinen Namen erhielt er nach der Prinzessin Marie Friederike von Preußen, doch die Erinnerung an die Nördlinger Hexenprozesse und deren Hinrichtungen sind immer noch in lebendiger Erinnerung. Geologisch gilt der kantige Block auf der Anhöhe südlich von Nördlingen als ein Erosionsrest dolomitischer Süßwasserkalke. Sie bildeten sich nach dem der Rieskrater sich mit Wasser füllte und in dem Krater- see sich Massekalke durch Ablagerungen von Algen und Muscheln bildeten. Den- noch ist seine kantige Form auffällig und erinnert weniger an eine zufällige Erosions- form, sondern an eine bewusste Gestaltung. Vergleicht man diese Form mit der Sonnenuntergangslinie die zum Einkorn führt, so steht eine Seite des Hexenfelsens genau im rechten Winkel dazu. Dies deutet auf eine altarähnliche Konzeption dieses Ortes hin, die einst den Anfangspunkt der Linie gebildet haben könnte. Damit wäre der Berg des Schlosses Baldern als eine Art Verbindungsort zu sehen, ähnlich wie der im 3. Jahrtausend in Südengland entstandene Silbury Hill. Eine mögliche Erklär- ung zur Entstehungszeit dieser Linie bietet die Besiedelung des Nördlinger Ries in der mittelneolithischen Zeit.

Nördlingen, Westseite des Hexenfelsens

Eine mit Baldern namensverwandte Siedlung befindet sich im Norden der Stadt Nörd- lingen, die Siedlung Baldingen. Hier wurden vor Jahren 20 Langhäuser aus der Zeit des Mittelneolithikums entdeckt. Eine ganz ähnliche Siedlung fand man auch im Osten Schwäbisch Halls, unweit des Einkorns. Über einen Kult Balders und dessen Datum ist nichts Greifbares überliefert. Dass gerade das Datum des Sonnenuntergangs am 1. August mit der Linie übereinstimmt, lässt an den irisch-keltischen Feiertag Lughnasadh denken, an dem der Tod des Sonnengottes Lugh gefeiert wurde. Er war der Gott der Inspiration und des Lichts, Schutzpatron der Dichter. Auch Balder wird in der Mythologie als Gott des Lichtes beschrieben. Damit gleich er am ehesten dem griechisch-römischen Apollon. In Rom wurde Apollon zwischen dem 6-13. Juli gefeiert, während in Athen zahl- reiche Feiern des Apollo in den Monaten Juli und August stattfanden. Unterschiedliche Eigenschaften des Lichtgottes wurden in diesem Zeitraum gefeiert. Im heißen Hekat-ombaeon, dem Monat der früher nach dem Kronos benannt war, wurden ihm vorzugs- weise Opfer dargebracht und im August folgte ein Fest der städtischen Gastlichkeit und guten Nachbarschaft, welches den Apollo Metageitnios, den der heiteren Lust verherr-lichte. Da die Linie Hexenfelsen-Baldern-Einkorn auch mit der kleinen Mondwende Nord übereinstimmt, stand diese Richtung ursprünglich wohlebenso für eine Mondgottheit.

Bilder: Wikipedia/Balder wird unter Lokis Anleitung von Hödur mit einem Mistelzweig getötet. Aus einer isländischen Handschrift des 18. Jahrhunderts / Schloss Baldern von Südosten gesehen, Bernd Haynold / Nördlingen, Westseite des Hexenfelsens, Renardo la vulpo/ Simmulation, sunearthtools.