Grotte der Jungfrau von Covadonga, Foto Ecemaml
Spanien wurde in einer Höhle geboren, beschrieb ein Journalist der Süddeutschen Zeitung das Wesen des Landes. Wer dies und die enge Verbindung von Kirche und Politik in Spanien verstehen möchte, der muss den kleinen nordspanischen Ort Covadonga besuchen. Er ist alljährlich das Ziel Tausender Marienverehrer, die hier die berühmte Mariengrotte aufsuchen. Von hier berichtet auch die Legende der Recon-quista, der Rückeroberung des muslimisch besetzten Spanien. Ganz in der Nähe soll in der ersten siegreichen Schlacht des asturischen Adligen Pelayo im Jahr 722 ein weit überlegenes muslimisches Heer soll mit Hilfe himmlische Unterstützung des Marien- heiligtums von Covadonga besiegt worden sein.
Unsere Liebe Frau auf dem Pfeiler in Saragossa, Foto David Abián
Damit kann der Ursprung Spaniens auf die mystische Wirkung jener Höhle in Asturien zurückgeführt werden. Doch die eigentliche Grundlage der Marienverehrung in Spanien soll aber bereits mit der Erscheinung im Jahr 40 n. Chr.. gelegt worden sein. Aus dieser Zeit berichtet die Jakobuslegende, dass die Jungfrau dem Apostel am 2. Januar nahe der Stadt Saragossa auf einer Säule erschien sei. Während der Reconquista wurde der Feiertag dann auf den 12. Oktober verlegt und Maria zur Schutzheiligen Spaniens erklärt. Unter ihrem Schutz begann auch die Eroberung der Neuen Welt, wo Kolumbus am 12. Oktober 1492 zum ersten Mal sein Fuß auf das neue entdeckte Territorium setzte. Der Marienkult trug wesentlich zur Identitätsfindung Spaniens bei und er wurde auch vom späteren Diktator Franco bedient.
Valle de los Caídos, Foto Godot13
Sein gigantisches Monument steht im Valle de los Caídos‚ auch als Nationalmonument des Heiligen Kreuzes im Tal der Gefallenen bezeichnet. Es liegt am östlichen Rand der Sierra de Guadarrama, eine halbe Autostunde von Madrid entfernt. Die Bergkette war jahrhundertelang eine natürliche Barriere zwischen den christlichen Königreichen im Norden und den moslemischen Reichen im Süden. Zusammen mit einem Kloster wurde die riesige Anlage unter dem 155m hohen Betonkreuz von tausenden von Zwangs-arbeitern errichtet. In der unterirdischen Basilika liegen die beiden Grabstätten des 1973 verstorbenen Diktator Franco und des Gründers der faschistischen Falange Bewegung, José Antonio Primo de Rivera. Beide wurden an zentraler Stelle, unter der Kuppel der Basilika errichtet. Dass Mitstreiter des Putsches, aber auch Gegner Francos in der Basilika eine letzte Ruhestätte fanden, war ein Gedanke des Vatikan. Wohl war dies kein Dank für die Begünstigungen, die die Kirche nicht nur in Spanien, sondern auch in Italien und Deutschland durch Konkordate erhalten hatte. Doch die Gebeine der Gefallen ruhen hinter verschlossenen Türen in einen Seitengwölbe der Anlage. Bis heute wird hier täglich eine Heilige Messe von den Mönchen des mit der Gedenkstätte verbundenen Klosters gefeiert. Auch dies ist Ausdruck der Dankbarkeit die die Kirche gegenüber dem Diktator zeigt. Bereits kurz nach dem Beginn seines Kampfes gegen eine demokratisch gewählte Regierung, stellte sich die Mehrheit der Bischöfe hinter ihn und seine Generäle. Fortan wurde der Militärputsch als `Verteidigung der christlichen Zivilisation gegen die Gottlosen´ bezeichnet und die getöteten katholischen Würden- träger zu Märtyrern erklärt.
Valle de los Caídos von innen, Sebastian Dubiel
Wie vielschichtig auch Francos Beziehung zur Schutzpatronin Spaniens war, zeigt ein diplomatischer Eklat. Franco, der Otto von Habsburg zugetan war, förderte dessen polit- ische Karriere. Sie mündete schließlich in der Pan-Europaunion die für die Öffnung des ungarischen Grenzzaunes sorgte. So bekam der erzkatholische Diktator auch auf dessen Geheiß vom Abt des Mariazeller Klosters die Goldmedaille des Stiftes Mariazell, des Gnadenortes der Alma Mater Austriae, überreicht, Der fromme Benediktiner erklärte den Akt mit den Worten: Die beiden Länder, so der enge Bekannte des damaligen Thronprätendenten Habsburg, seien durch die glühende Liebe zur Gottesmutter fest vereint´. Diese Verbindung wollte Franco wohl auch über seinen Tod hinaus pflegen und so zeigt auch die Achse des wuchtigen Denkmals auf den Sonnenaufgang, auf einen der einst bedeutenden Marienfeiertage, den 25. März. Von ihm berichtet das Evan- gelium, dass Maria, die mit dem Zimmermann Josef verlobt war, ein Engel gegen- übertrat und ihr verkündete: `Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben.´
Ausrichtung von Valle de los Caídos
In der Ostkirche wurde die Verkündigung bereits um 550 nach Christus gefeiert und im Lauf des 7. Jahrhunderts auch in Rom eingeführt. Wie sich das einstige Marienbild ge- wandelt hat, lässt sich an der heutigen Einordnung ermessen. Heute wird es `Ver- kündigung des Herrn´ genannt und verweist darauf, dass das Fest heute nicht mehr zu den Marien-, sondern zu den Herrenfesten gezählt wird. Eine ganze Reihe von Marien- festen zählt heute dazu, denn laut den Statuten des II Vatikanischen Konzils sollen nun die `Die Herzen der Gläubigen vor allem auf die Herrenfeste hingelenkt werden, in denen die Heilsgeheimnisse das Jahr hindurch begangen werden´. Wie Maria als Schlachtenheilige in Spanien längst ausgedient hat, so sind nun auch die Tage Francos in der Gedenkstätte gezählt. Der lang andauernde Streit über den Verbleib ist entschieden. Seine sterblich Überreste sollen exhumiert und an einem anderen Ort beigesetzt werden.
Bilder: Wikipedia / Grotte der Jungfrau von Covadonga , Foto Ecemaml , CC BY-SA 3.0/ Unsere Liebe Frau auf dem Pfeiler in Saragossa. Am 2., 12. und 20. eines Monats wird das Gnadenbild ohne Mantel gezeigt. , Foto David Abián , CC BY-SA 4.0 / Valle de los Caídos, Foto Godot13 / CC BY-SA 4.0 / Valle de los Caídos von innen, Sebastian Dubiel /
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