Die Rose des Rosensteins – Teil 1

Burgruine Rosenstein aus Nordwesten mit Halsgraben und Stahlbrücke, Foto Nowowirus

Östlich von Heubach liegt der Rosenstein und bildet hier den nördlichen Rand der Schwäb- ischen Alb. Um Gründe für den Namen zu finden, bietet eine Spurensuche in der Vergang-enheit eine Erklärung.

Im Jahr 1282 wird erstmals ein Hainricus de rosenstein als Besitzer der Burg erwähnt die aber damals bereits stand. Doch hier taucht die Frage auf, warum Hainricus diesen Bei-namen wählte. Jedenfalls zeichnete sich der Berg nicht durch einen üppigen Rosenbewuchs aus.

In jener Zeit galt die weiße Rose als ein Symbol der Reinheit, der Keuschheit und als rote Rose stand sie auch für das Leiden Christi. Deshalb wurde sie im Mittelalter auch als rose mystica bezeichnet und war eng mit dem Bild der beiden Marien verbunden war, der Jungfrau Maria und Maria Magdalena.

Mariä Himmelfahrt (Ölgemälde von Tizian, um 1518), Foto Tizian – The Yorck Project

In einer Zeit, in der es noch keine Uhren gab, war der Bezug von Landschaft und dem Son-nenaufgang noch von Bedeutung. So markierte der Sonnenaufgang über dem Fels und der Burg im Mittelalter noch ein wichtiges Datum in der Marienlegende, denn vom Ortsmittel-punkt war der an Mariä Himmelfahrt zu sehen. Die Burg war nun kurzzeitig im Licht der Sonne zu sehen, die hier auch an die Legende der Graböffnung erinnerte. Laut dieser Er-zählung sollen die Jünger bei der Öffnung auf Rosenblüten und Kräuter gestoßen sein.

Sonnenaufgang über dem Rosenstein – die Fibonacci-spirale im Norden

Aus dem rund wird das älteste Marienfest im Volksmund auch ‚Mariawurzweih‘ genannt., von ab diesem Datum wurden einst Heilkräuter gesammelt, von denen die zentrale Pflanze meist die Königskerze war. Sie wird auch `Muttergotteskerze´ genannt und hilft bei Husten-erkrankungen.

Eine Charakteristik des Rosensteins, die ebenso auf die Rose verweist ist Nordkante des Berges. Sie entspricht der Fibonacci-Spirale und die bestimmt wiederum auch die Geomet-rie einer Rosenblüte. Dass diese Verbundenheit zur Rosensymbolik auch die Burg bestim-mte zeigt der 2. Teil

Bilder: Wikipedia/ Mariä Himmelfahrt (Ölgemälde von Tizian, um 1518), Foto Tizian – The Yorck Project (2002), gemeinfrei/ Burgruine Rosenstein aus Nordwesten mit Halsgraben und Stahlbrücke, Foto Nowowirus , free use,7 Grafik, opentopomap. Sunearthtools, geoüportal BW:

Bristol und der kosmische Winzer

Bristol, Castle Park, Foto Adrian Pingstone

Der Name der Stadt Bristol verweist an eine Stadt an der Brücke. Sie  entwickelte sich im Laufe des 11. Jahrhunderts zu einem wichtigen Seehafen. Noch unter der Herrschaft der Angelsachsen wurde hier auf den rötlichen Felsriff am Ufer des Avon die Kirche St. Mary Redcliff erbaut. In der Folgezeit wurde sie zu einem Symbol der Seefahrer, die hier vor ihrer Abfahrt beteten, oder ihren Dank nach der Rückkehr ableisteten. Auf Grund des großen Hafens wurde Bristol dann auch zum Haupthafen des Templerordens in England.

Bis zu zur Auflösung des Ordens unter der Herrschaft von Edward I. wurde er für die Ver-schiffung der Ritter und Pilger, aber auch zur Ausfuhr von Wolle auf den Kontinent genutzt. Der durch den Handel und die Kreuzzüge erworbene Wohlstand führte zu einem erheblich-en  Grundbesitz  in der Stadt, an den heute noch einige  Flur- und Straßennamen erinnern.

Panorama St Mary Redcliffe, Foto Zhurakovskyi

Die Marienverehrung war eines der zentralen Glaubensbestandteile der Tempelritter, deren Ordensregeln ja von Bernhard von Clairvaux bestimmt wurden. Da er selbst ein glühender Verehrer Marias war, hatte er mit seinen Gedanken auch einen großen Einfluss auf die geistige Welt der Templer. Sie wurde im mittelalter an 4 große Feste verehrt, wobei es noch zahlreiche meist lokale Feiertage gab. Diese Reihe der Feste begann mit dem Fest Mariä Lichtmess, das im kirchlichen Ritus auch als  Darstellung des Herrn im Tempel bezeichnet wird.

Unter den zahlreichen Anrufungen Marias gab es bereits im frühen Mittelalter den Marien-titel Stella maris, der Stern des Meeres. Dieser Titel beruhte auf einer fehlerhaften Über-setzung des Kirchenlehrers Hieronymus, der den hebräischen Namen Mirjam als bitteres Meer übersetzte.

Dieses Bild eines Sternes wurde meist auf den Sirius übertragen, doch ebenso auf den hellsten Stern am Nordhimmel den Stern Arcturus. In der damaligen Zeit diente er, wie mehrere andere Fixsterne, zur Astronavigation auf dem Meer.Betrachtet man dann den Plan von Bristol, so weist auch er eine Übereinstimmung mit dem Bärenhüter und seinem hellsten Stern Arcturus auf.

Sinnfällig war einst diese Übereinstimmung am Fest des Lichtes, Maria Lichtmess. Hier deckte sich das Sternbild des Hirten , oder des kosmische Winzers, wie er im Mittelalter genannt wurde, seitenrichtig am  Morgen dieses Marienfestes mit dem Plan der Stadt.

Bristol und der Vindemitor am Morgen von Mariä Lichtmess

Bilder:Looking across Castle Park,Adrian Pingstone , gemeinfrei /Panorama image of the St Mary Redcliffe church exterior , Foto Zhurakovskyi, CC BY-SA 4.0 / Bristol Plan , bristolpost,co – Stellarium, eigen

How Joseph Met Mary In the [Apocryphal] Gospel of James — SENTENTIAE ANTIQUAE

In the apocryphal Gospel of James [also sometimes called the “Infancy” Gospel” or the Protoevangelium of James], Mary’s mother Anna is barren and her father Ioachim retreats to the wilderness. When Anna is blessed with a child, she pledges her to the temple. So, Mary grows up in with the priests in the temple until…

How Joseph Met Mary In the [Apocryphal] Gospel of James — SENTENTIAE ANTIQUAE

Der Löwe von Lorsch

Westseite der Torhalle, 2009, Foto Kuebi

Im Kloster Lorsch wird heute ein Segensspruch aus dem frühen 9. Jahrhundert aufbe-wahrt, in dem der Jungfrau Maria die Befehlsgewalt über die Bienen zugesprochen wird. Mit ihm sollte vermutlich,im übertragenen Sinn, ein schwärmendes Bienenvolk wieder in den Bienenstock zurückgerufen werden. Der Spruch beginnt mit denm Worten: `Christ, der Bienenschwarm ist hier draußen! Nun fliegt, ihr meine Bienen, kommt.Im Frieden des Herren, unter dem Schutz Gottes kommt gesund zurück. – Sitzt, sitzt, Bienen. Der Befehl kommt von der Jungfrau Maria…..`

Codex Palatinus latinus 220, Fol. 58r, mit dem Lorscher Bienensegen.. Foto Autor unbe.

Die Verbindung der Bienensymolik mit Maria beginnt mit dem Konzil in Ephesos im Jahr 431. Dieses 3. Konzil der Kirchenoberhäupter sollte den Streit über den Begriff Gottes-gebärerin befrieden, der durch die Lehre der Nestorianiane entstanden war. Im Gegen-satz zur Kirche in Rom, sahen die in Christus 2 getrennte Personen, eine ird- ische und eine göttliche. Somit konnte Maria auch keine Gottesgebärerin sein, wie es die Lehre Roms forderte. Unter der Führung des Patriarchen und Kirchenlehrers Cyrill von Alexanderia einigten sich schließlich die 200 in Epheseos tagenden Bischöfe doch auf den Marientitel `theotokos´ die Gottesgebärerin. Diese wegweisende Entscheidung erfolgte an einem Ort, an dem das größte Artemisheiligtum der Antike stand. Ihr heiliges Tier war die Biene, die auch auf zahlreichen, in Ephesos aufgefundenen Münzen auf- taucht.

Münze aus Ephesos, mit Biene

Auf Grund der Bedeutung der Bienen im Artemiskult nannten sich auch die Priester- innen Melissai, was übersetzt weibliche Bienenarbeiterinnen bedeutet. Entsprechend zum Aufbau eines Bienenstaates entsprachen dann die Eunuchen-Priester dann den Drohnen. In der Zeit als der Lorscher Bienensegen entstand, wurde das heutige Lorsch noch mit dem Name Lauresheim bezeichnet, ein Name der dessen Ursprung bis heute ungeklärt ist. Führt man den auf das althochdeutsche Wort laurin, den Lorbeer zurück, bietet der eine Verbindung zur Symbolik des Mittelalters, wie auch zur Sonnen-ausrichtung der Klosteranlage. In der griechischen Mythologie war der Lorbeerkranz ein Attribut des Licht- und Heilgottes Apollon. Er soll auch in Delphi einen Tempel aus Lorbeerzweigen gebaut haben. Erst viel später wurde dan der gleichen Stelle, so die Legende, dann ein Tempel aus Stein erbaut. Mit seiner Symbolik steht der Lorbeer für Ruhm und Zuneigung. Zugleich ist er mit der Sonne verbunden und steht damit auch für das Sternzeichen Löwe. Auch in der Marienlegende taucht der Lorbeer auf, denn ihre Mutter Anna war einst in Sorge ob ihrer Kinderlosigkeit. Doch kurze Zeit nach dem Gebet unter dem Lorbeerbaum in ihrem Garten, erschien ihr ein Engel und verkündete ihr die nahe Geburt. Im Christentum wird der immergrüne Lorbeer dann zum Symbol der Auferstehung und damit auch zum spirituellen Triumph über den Tod. So weitere Verbindung des Lorbeer zu Maria und dem Löwen zeigt sich in der Ausrichtung der Anlage auf den Sonnenuntergang an Mariä Himmelfahrt.

Kloster Lorsch, Ausrichtung, eigen,Uni-Heidelberg,

Die ist das Datum an dem auch der Frauendreissiger beginnt, jene 30 Tage, in denen nach altem Brauch die reifen Heilkräuter gesammelt wurden. In der frühen Zeit des Christentums wurde das Hochfest „Mariä Himmelfahrt“ noch als Fest der „Dormition“, der „Entschlafung“ Mariens begangen. Erst im 6. Jahrhundert wurde es auf die Mitte des August gelegt, also jenen Zeitpunkt, an in dem die Sommertemperatur in der Regel ihr Maximum überschritten hat. Aus der Vorstellung der Entschlafung entwickelte sich dann im frühen Mittelalter das Himmelfahrtsfest. Ein entsprechendes Schauspiel war zu dieser Zeit auch in Rom, zumindest ideell, am Himmel zu sehen. So erfolgte dort in der Zeit des 15. Augustd der Aufstieg des Sternbildes Virgo. zusammen mit der Sonne in ihrer Hand. Auf diese Zeit der Kräutersuche verweist auch eine weitere Marienlegende, in der der von der Öffnung des Mariengrabes erzählt wird. Hier finden die Jünger aber keinen Leichnam mehr, sondern nur noch Blumen und Kräuter. Die theologische Ent- wicklung der Himmelfahrt Marias fand 1950 eine vorläufiges Ende, denn in diesem Jahr verkündetete. Papst Pius XII. das Dogma „von der ganzmenschlichen Aufnahme Mariens in den Himmel“. Die Anlage in Lorsch vereinte beide Motive, die Himmelfahrt in Gestalt des Sonnenuntergangs an diesem Tag und den Lorbeer als Zeichen der Auferstehung im Symbol des Löwen. Ein Löwenkopf in der Mauer der verbliebenen Kirche erinnert heute noch an die symbolische Bedeutung des Tieres.

Löwenkopf, Portal Klosterkapelle, Kloster Lorsch

Bilder: Wikipedia/ Codex Palatinus latinus 220, Fol. 58r, mit dem Lorscher Bienensegen.. Foto Autor unbekannt, gemeinfrei / Westseite der Torhalle, 2009, Foto Kuebi – Armin Kübelbeck, CC BY-SA 3.0 /Kloster Lorsch, Ausrichtung, eigen,Uni-Heidelberg, sunerathtools/ Münze aus Ephesos, mit Biene/ Löwenkopf, Portal Klosterkapelle, Kloster Lorsch

Die Reichenau und der steinerne Löwe

Münster St. Maria und Markus von Norden, Foto © Hilarmont

Der Mythus der Markusreliquien auf der Insel Reichenau entstand gut 170 Jahre nach deren Erwerb durch den Heiligen und Veroneser Bischof Radolt. In der Legende `De miraculis et virtutibus beati Marci evangelistae´ wird geschildert, wie Radolt unter dem Siegel strengster Verschwiegenheit die Gebeine des Markus bei einem Kaufmann in Venedig erstanden hatte. Unter Eid musste er ihm versprechen, die wahre Identität des der Gebeine nicht zu seinen Lebzeiten zu offenbaren. Doch um sicherzugehen, dass dies auch die Gebeine des Evangelisten Markus waren, musste der Kaufmann ihm dies beim Kesselfang schwören. Diese sogenannte Wasserprobe war ein archaisches Element der Rechtsgeschichte und wurde bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. im Codex Ur-Nammu, e-wähnt, wo sie als Flussprobe bei Zauberei empfohlen wurde. Gerade im Mittelalter galt die juristische Wasserprobe mit heißem Wasser (iudicium aquae ferventis) als ein Mittel, um die Wahrheit durch ein sogenanntes Gottesurteil ermitteln.zu lassen Auch hier wurde diese Methode wieder in Gesetzestexten, wie dem des Hinkmar von Reims aufgeführt. Damit musste auch der Verkäufer der Markusgebeine, getreu der Methode, seine Hand zum Schwur heben und dabei gleichzeitig mit der linken Hand einen Stein aus kochendem Wasser herausheben. Da das kochende Wasser bei ihm aber keine Spuren hinterlassen hatte, galten die Relikte des Markus fortan als echt. Im Jahr 830 schenkte sie Radolt dem Kloster auf der Reichenau, wo sie in der ersten Zeit als Reliquien des heiligen Calens verehrt wurden. Die Gebeine genossen anscheinend nur wenig Aufmerksamkeit, so dass der Heilige laut der Legende nun selbst zur Tat schritt und dem Konstanzer Bischof Gebhard im Traum erschien. Dabei beklagte er sich über die höchst unwürdige Unterbringung. seiner Gebeine. Doch es bedurfte aber noch zwei weiterer Erscheinungen des Markus bis der Bischof endlich für eine angemessene Aufbewahrung der Gebeine sorgte.

Inneres nach Westen; Markusaltar, Klosterkirche Reichenau, Foto Wam

Aber auch später erschien Markus noch einmal einer Gruppe von Ordensbrüdern, die an der Echtheit der Gebeine zweifelten. Nachdem Markus sie vor kommenden Über- fällen warnte, die sich in Gestalt der Ungarneinfälle tatsächlich ereigneten, verstum- mten fortan alle skeptischen Stimmen. Die nun besser aufbewahrten Reliquien wurden dann während des Mittelalters von zahlreichen Herrschern besucht. Erst die Stiftung Königin Elisabeth, Gemahlin König Albrechts I. ermöglichte im Jahr 1303 den Bau des vergoldeten Markusschreines, der heute in der Schatzkammer des Münsters aufbewahrt wird. In Gestalt eines Hauses, das mit einem Walmdach versehen wurde, weist der Schrein auf die ewige Wohnstätte des Markus hin. Dass Markus mit dem Löwen identi- fiziert wurde, hatte er im Wesentlichen dem im 4. Jahrhundert lebenden Kirchenlehrer Hieronymus zu verdanken, der den 4 Evangelisten die vier noch heute gültigen Symbole zuordnete. Diese Ordnung der vier Gestalten gründet auf der babylonischen Himmels-ordnung, die von 4 Planetengöttern bestimmt wurde. In den den biblischen Erzählungen taucht diese Symbolik der Vier nun mit Adler, Löwe, Stier und Mensch auf.in unter- schiedlichen Zusammenhängen auf. Hieronymus ordnete diese Symbolik und wies dabei dem Evangelisten Markus endgültig den Löwen zu. Mit der Tiersymbolik nahmen dann die 4 Evangelisten jenes Bild vorweg, das im 4. Kapitel der Offenbarung des Johannes geschildert wird. Dort ist von vier Wesen die Rede: Löwe, Stier, Mensch und Adler. Sie stehen alle neben dem Thron Gottes. Als Sternbilder am Himmel stehen sie jeweils eine unterschiedliche Jahreszeit, wobei der Mensch durch das Sternbild des Aquarius vertreten ist. Das Münster St.Maria und Markus wird von dieser christlichen Symbolsprache gleich auf 2-fache Weise bestimmt. So war zur Zeit der Erbauung die Baulinie auf den Sonnenaufgang an Mariä Lichtmess ausgerichtet und in entgegen- gesetzter Richtung auf den Sonnenuntergang am Gedenktag des Evangelisten Markus.

Münster St. Maria und Markus, Sonnen-und Löwensymbolik, eigen

Auch die dreischiffige Kreuzbasilka, die unter Abt Haito I.entstand spiegelt das Symbol des Evangelisten wider. Sie wurde im ersten Abschnitt im Jahr 816 geweiht  Abt Erlebad ergänzte die Basilika um ein Langhaus-Joch und fügte das Westwerk hinzu. Doch erst Mitte des 15. Jahrhunderts erhielt die Kirche unter Abt Friedrich von Wartenberg einen Chor und damit ihr endgültiges Erscheinungsbild. Nun blickte der steinerne Löwe des Markus  auch der unt- ergehende Sonne am Makustag entgegen. Fast 1400 Jahre, nachdem ursprünglich nur mündlich weitergegebene Botschaft des Markus im Jahr 330 von dem Kirchenlehrer Athanasius aufgezeichnet und später durch den Bischof Cyril von Alexandria stark erweitert wurde, hatten die Reliquien des Markus einen würdigen Ort gefunden.

Bilder:Wikipedia/Münster St. Maria und Markus von Norden, Foto © Hilarmont (Kempten)CC BY-SA 3.0 de / Inneres nach Westen; Markusaltar, Klosterkirche_Reichenau_20090821_011.jpg: Foto Wam, Wikipedia gemeinfrei    Münster St. Maria und Markus, Sonnen-und Löwensymbolik, eigen, Stellarium sunearttools

Maria und der Löwe von Aachen

Die Verkündigung, um 1472–1475, Leonardo da Vinci,Google Cultural Institute,

Der 84. Tag ist im einem Normaljahr nicht nur mathematisch ein besonderes Datum. So lässt sich die Zahl als Produkt aus 3x4x7beschreiben und damit sind in dem Datum alle biblisch bedeutsamen Zahlen enthalten, die so auch eines de heilsgeschichtlich wichtig- sten Ereignisse markieren: Mariä Verkündigung. Ausführlich wird dieses Ereignis mit zwei ineinander verwobenen Erzählungen im Lukasevangelium geschildert. Zum einen ist dies die Geburt von Johannes dem Täufer, dem letzten großen Propheten, dessen Geschichte im 1. Kapitel beginnt, Hier erzählt der Verfasser von blinden Zacharias, der in hohem Alter noch immer keinen Nachkommen hatte. Doch eines Tages erschien ihm der Engel Gabriel und der verkündet ihm, dass seine Gebete erhört wurden. und seine Frau Elisabeth doch noch einen Sohn bekommen würde. Ihn sollte Zacharias dann Johannes nennen. Dennoch zweifelte Zacharias daran, ob all dies geschehen würde und verlor deshalb bis zur Geburt seines des Sohnes die Stimme.

Taufe Christi, Joachim Patinir, um 1515. Kunsthistorisches Museum Wien

Nur 6 Monate später erzählt der Verfasser von einer erneuten Erscheinung des Gabriel bei Maria, einer engen Verwandten der Elisabeth. Dieses Ereignis fand in Nazareth statt, kurze Zeit nachdem sich Maria mit Josef aus dem Hause David.verlobt hatte, Gabriel verkündet auch ihr, dass sie ebenfalls ein Kind empfangen werde und es Jesus nennen soll. Diese Verkündigung wird auch als Zeitpunkt der Empfängnis gedeutet, über deren eigentlichen Vorgang später Theologen sich noch Jahrhunderte lang den Kopf zerbrechen. In Bezug zum m Jahreslauf erfolgt die Geburt beider biblischer Ge- stalten genau zum richtigen Zeitpunkt. Johannes der Täufer, mit dem Elisabeth am 25. März im 6.Monat schwanger war, wird kurz nach der Sommersonnenwende, am 24. Juni, dem Johannitag, geboren. Jesus, kommt dann folge-richtig, kurz nach der Winter- sonnenwende, am Weihnachtstag zur Welt. Der Bedeutung des Baues entsprechend, sind hier alle drei, Johannes, Jesus und Maria mit Reliquien vertreten.das Kleid Marias, über das seit dem 5. Jahrhundert in Erzählungen berichtet wird

Aachener Gnadenbild, Foto Arnoldius

Gemäß diesen, soll Maria den Apostel Johannes damit beauftragt haben, ihre Kleider frommen Bewohnern in Galiläa zu schenken. Pilger sollen das Kleid Marias dann bei einer Frau entdeckt und nach Konstantinopel gebracht haben. Dort wurde es lange Zeit in der Hagia Sophia aufbewahrt, ehe es im 8, Jahrhundert zu Karl dem Großen gesandt wurde. Wie die Reliquie den Nimbus der Kirche beeinflusste, so war des der Tag der Verkündigung der das Ausmaß der Kaiserpfalz bestimmte. SIe stellte den bis dahin größten Sitz eines karolingischen Herrschers dar. Die Anlage weist für damalige Bauwerke eine ungewöhnliche Weite und strenge Achsialität der Einzelbaukörper auf. Beide Hauptbauwerke, die Aula regia im Norden mit dem Grannusturm und im Süden, die Pfalzkapelleund heutigem Dom,, waren über einen langen Gang verbunden, in dessen Mitte ein ebenfalls achsial angeordnetes das Torbauwerk stand.

Die Kaiserpfalz Aachen, Sonnen – und Löwensymbolik

In einer der Bauforschungsstudien wird hier als Grund ein ein Rastermaß vermutet, das dem, Konzept der Pfalz zugrunde lag. Doch auch dieses Raster erklärt nicht die Länge des Verbindungsbaues, sowie die Zuordnung der beiden Hauptbauwerke. Königshalle und Kapelle. Eine Erklärung für diese Komposition bietet hier das Sternbild des Löwen mit seiner Position, wie es am Abend von Maria Verkündigung zum ersten Mal zu sehen war. Die beiden Sterne Zosma Leonis, der Gürtel des Löwen, sowie Chort Leonis, die kleine Rippe, markierten hier die Aula regia und der Grannusturm, die vermutete Wohn- ung von Karl dem Großen. Auf der Südseite markierte Eta Leonis, der Beginn des Löwenkopfes, den Eingang der Pfalzkapelle und Regulus, der kleine König, den zugang zum Vorhof der Anlage. Beide Sterne wiesen dann in die Richtung des damaligen Thronsitzes von Karl dem Großen. Damit verkörpert die Anlage eine zeitgenössische christliche Symbolik, die auch das Selbstverständnis von Karl dem Großen zum Ausdruck brachte. Es wurde auch von Alkuin geformt, den Karl der Große als den größten zeitgenössischen Gelehrten an die Hofschule nach Aachen holte. Dort wurde er auch zu seinem ein- flussreichsten Ratgeber. In dieser Funktion formte Alkuindas Bild Karls des Großen und dessen Reichsgedanke. So entwickelte er die Idee eines neuen Sakralkönig- bzw. Kaisertums. Damit sah Alkuin Karl auch in der Nachfolge Davids, der als Verteidiger der Kirche und Herrscher, der ein ein neues christliches Universalreich regierte. Das Sinnbild Davids, der Löwe, war auch das einzige Bild auf den beiden riesigen Bronze-türen, den Zugängen zur Pfalzkapelle. Die beiden Löwenköpfe weisen hier ebenso auf die Symbolik des himmlischen Klwen hin, der mit seiner Struktur auch das Ausmaß der  Gesamtanlage der Kaiserpfalz bestimmte.

 

Bilder:Wikipedia/ Leonardo da Vinci: Die Verkündigung, um 1472–1475, Leonardo da Vinci – sAErNLFH1KFYmw at Google Cultural Institute, gemeinfrei/ Taufe Christi, Joachim Patinir, um 1515. Kunsthistorisches Museum Wien / Joachim Patinir – Kunsthistorisches Museum Wien, Bilddatenban, gemeinfrei / Aachener Gnadenbild, Foto Arnoldius – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0/ Die Kaiserpfalz Aachen, Sonnen – und Löwensymbolik eigen, stelaium, sunearttools

 

Der Große Hund von Hohenhundersingen

Burg Hohenhundersingen vom Tal, 2007, Foto RSchreg

Im Jahr 1100 wurde Hundirsingen erstmals in der Zwiefalten Chronik erwähnt. Zu dieser Zeit waren die Burg wie das im Tal liegende Dorf im Besitz der Edelfreien von Hunder-singen. Der Klang des Namen deutet auf eine Beziehung zum Hund hin, der sich heute auch im Wappen des Dorfes befindet. Doch Im gleichnamigen Dorf Hundersingen-Her-bertingen wird der Name auf die huntare zurückgeführt, jenen Hundertschaften, die fränk-ische Könige entlang den römischen Straßen zur Sicherung ihre Reiches stationierten. Obwohl der Turm mit seinen Buckelquadern und de frühen Entstehungzeit eine ähnlichen Deutung zulässt bietet hier die Lage der Burg, wie auch die Ausrichtung des burgplateaus noch eine ganz andere Erklärung an.

Ehemaliges Wappen der Ortschaft, von User:Enslin

Unschwer sind im ersten Teil des Namens Hundir, das Wort Hund, wie auch ein Teil des Namens Sirius, dem hellsten Stern aus dem Sternbild des Großen Hundes zu erkennen. Als Leitstern war er seit der Frühgeschichte ein wuchtiger Zeitmarkierer in der Landwirt-schaft und hatte für die Hundirsinger wohl eine ähnliche Funktion. Deren längliches Burgplateau war einst auf einen mittig liegenden Punkt der gegenüberliegenden Talein-buchtung ausgerichtet, wo zum Zeitpunkt der Burgenentstehung auch der Frühunt-ergang des Sirus am Morgen von Martini zu beobachten war. Damit markierte er das Ende des Bauernjahres und erfüllte so wieder seine Rolle eines Zeitmarkieres. Die hatte Sirius bereits bei den Ägyptern, wo er mit seinem Frühaufgang die kommende Nilflut ankündigte .

Ruine Hohenhundesingen Ausrichtung,

Doch zu dieser Zeit war der heutige Martinsritt oder die Martinsgans noch völlig unbekannt. Dieses institutionalisierte Brauchtum entwickelte sich erst im Rahmen der nationalen Identitätsfindung während des 19. Jahrhunderts. Im 12. Jahrhunderts war der Zeitraum bis Weihnachten noch durch die Glauben der durch Byzanz geprägten Kirche bestimmt. In dieser Zeit gab es eine 44 Tage dauernde Fastenzeit, ehe die Geburt Christi gefeiert wurde .Damit offenbart sich auch die mathematisch-symbolische Struktur die das Jahr gliederte. Mit der Quersumme 8 verweist die Zahl 44 auf das göttliche Geheimnis. So hat auch das Neue Testament als letzten Buchstabenwert die 800 und in der griechischen Fassung besteht der Name Jesus aus den folgenden Buchstab-enwerten: 10-8-200-70-400-200 = 888. Während in Ägypten Sirius mit der Göttin Isis identifiziert wurde, hatte er im Laufe des frühen Mittelalters längst eine andere Be- deutung erhalten. Unter der Bezeichnung Stella maris, der Meerstern wurde er zu dem Symbol der Jungfrau Maria. Der Name geht zurück auf ein heute kaum noch bekanntes Mariengebet, das im späten 9. Jahrhundert entstand. Der Verfasser, Venantius Honorius Clementianus Fortunatus war Dichter, Hagiograph und Bischof von Poitiers. In der Literaturgeschichte wird er auch als erster Dichter des Mittelalters bezeichnet Das Gebet, das in er katholischen Kirche zur Vesper während den Marienfesten gesungen wurde beginnt mit den Worten Ave maris stella „Sei gegrüßt, du Stern, der offenbart die Sonne.“ Und weiter: „Sei gegrüßt, Mutter des allerheiligsten Sternes.“ Und nochmals später: „Sei gegrüßt, Morgenstern der geistigen Sonne.“ Damit greift das Gebet die Rolle des Sternes als Navigationshilfe für die Hochseeschifffahrt im Mittelmeer auf, der damit den Schiffen den sicheren Weg zum Hafen wies. Auch der große Marientheologe des Mittelalters , der im 11.Jahrhundert Bernhard von Clairvaux griff dieses Bild auf der dazu schrieb; `Wie der Stern ohne Einbuße seiner selbst seinen Strahl aussendet, so hat sie als Jungfrau den Sohn geboren, ohne dass ihre Jungfräulichkeit gemindert wurde´. Die Ausrichtung auf den Mariensten verband der Burg auch inhaltlich mit dem Kloster Zwiefalten, dem die Hundersinger Burghern größere Schenkungen zukommen ließen. Auch diese Anlage wird von einer Kirche bestimmt, die mit dem Titel `Unserer Lieben Frau´der Maria geweiht ist.Diese Verbindung zu Maria sollte wohl auch dem zusätzlichen Schutz der Mauern dienen, denn die Hundersinger nahmen denn so der Große Hunde am Abend von Mariä Geburt zu sehen war deckt er sich auch mit der Geometrie der Burg Wie der gegenüberliegende Talrand ein idealer Horizont darstellt und den Untergang des Sirius zu beobachten so stellt auch der Bergsporn an er Schleife der Lauter eine auffällige Zeitmakierung dar. Markierte der Sonnunter-gangspunkt in der Achse des Bergspornes im 11. Jahrhundert noch den Sonnen-untergang an Drei König, so war des zu Zeit der Römer der Punkt, wo am 23. November, dem Beginn der jährlichen Brumalien zu Ehren des Gottes Dionysos/ Bacchus die Sonne unterging.

Dorf Hundersingen, eigen

Bilder:Burg Hohenhundersingen vom Tal, 2007, Foto RSchreg CC BY-SA 3.0 Ehemaliges Wappen der Ortschaft, von User:Enslin /http://www.ngw.nl Converted into PNG format by User:Enslin /Ruine Hohenhundesingen Ausrichtung, Opentopomap, stellarium, Eigen /Dorf Hundersingen, eigen

Kolumbus im Zeichen Marias

Rekonstruktion der Santa Maria, Foto Edward H. Hart

Diie Denkmäler des Kolumbus, die derzeit bei Unruhen in den USA gestürzt werden, bieten einen eindrucksvollen Einblick in eine längst vergessene Kultur- und Religions-geschichte. Kolumbus und die Jungfrau Maria, deren Verehrung im 15. Jahrhundert wieder einen erneuten Höhepunkt erlebte, waren aufs engste miteinander verbund-en..Bereits während der 700 Jahre dauernden Rückeroberung Spaniens hatte sich auch das Bild der Maria gewandelt und sie wurde in dieser Zeit zu einer Schlachten-göttin, gleich der girichischen Pallas Athene. Dieses Bild wurde auch bei den Erober- ungen in der Neuen Welt weitere 300 Jahre mit Erfolg angewendet. Diese Eroberung begann für Kolumbus bereits ganz im Zeichen Marias. Dass der Entdecker diese Reise, die ganz unter dem Schutz der heiligen Jungfrau stand, mit genauen Kenntnissen antrat, zeigen auch die Termine ihrer Feiertage, Bevor er zum Neuen Kontinent auf- brach, verbrachte der Entdecker einige Zeit im Franziskanerkloster La Rábida, das im 13. Jahrhundert errichtet wurde. Das Kloster, im gotischen Mudéjarstil erbaut, war der Virgen de los Milagros, also der heiligen Jungfrau Maria geweiht. Unweit des Klosters befand sich der alte Hafen mit der Muelle de las Carabelas, dem Dock der Caravellen. Hier wurde auch sein Flaggschiff, die Santa Maria auf Kiel gelegt. Mit ihr stach die Flotte aus 3 Schiffen am 3. August 1492, dem Feiertag der 7 Schmerzen Marias, endgültig in See, Das Ablegen erfolgte nur einen Tag nach dem Kolumbus zusammen mit den Franziskanern den wichtigen Feiertag Portiuncula  begannen hatte. An diesem Tag wurde in Europa einer Marienvision gedacht, die der heilige Franziskus und Gründer des Ordens in einer kleinen Kapelle erlebt hatte.

Eingang der Portiuncula mit Fresko von Friedrich Overbeck, Foto Alekjds

Obwohl die nicht mehr original erhaltenen Tagebücher von Ungewissheiten bei der Überfahrt berichten, kam Kolumbus wieder rechtzeitig zu einem Marienfeiertag an. Ob er die zwischen dem Ablegen und der Ankunft in der Neuen Welt liegenden Feiertage der Maria ebenfalls gefeiert hatte, ist nicht dokumentiert. Kolumbus kam aber termin-gerecht zu dem in Spanien wichtigen Marienfeiertag Pilár an. In Zaragoza war einst laut einer der zahlreichen Jakobuslegenden dem Apostel Maria auf einer Säule erscheinen. Damit wollte sie ihm die wachsenden Zweifel bei der Missionierung Spaniens zer- streuen. Deshalb empfahl auch Papst Calixtus III. noch der Reise des Kolumbus eine Wallfahrt zur heiligen Säule von Zaragoza zu unternehmen. Wie diese aufschluss-reichen Daten längst in Vergessenheit gerieten, so ist es auch nahezu unbekannt, dass die USA nun wieder, wie im dem Jahren 1792 und 1848 der Jungfrau Maria geweiht werden sollen.

Maria Pilar, Foto aus Heiligenlexikon

Bilder: Wikipedia/ Rekonstruktion der Santa Maria für das Columbian Naval Review (1904) /Possibly by Edward H. Hart, wikipedia gemeinfrai Maria Pilar, http://www.heiligenlexikon/Eingang der Portiuncula mit Fresko von Friedrich Overbeck, Foto Alekjds

 

Sabbioneta, die Stadt des Himmels

Palazzo Ducale, Foto Giorces

Porträt des Vespasiano Gonzaga

Die Stadt Sabbioneta wurde zwischen 1554 und 1571 mit den Gedanken einer Ideal- stadt errichtet und bildete damit die erste autonome Stadtgründung der Renaissance. Ihre Geometrie folgte einem unregelmäßigen Sechseck und wurde durch sternförmig vorspringenden Bastionen ergänzt. Bauherr der Stadt war Herzog Vespasiano Gonzaga, der aus einer Seitenlinie des Hauses Gonzaga von Mantua stammte. Für seine Stadt- gründung benutzte er die Fläche der väterlichen Burg und dabei nutzte er seine Er-fahrungen die er als Festungsbaumeister in Spanien und Nordafrika gesammelt hatte. Wie der von Platon in seinem Werk Politeia beschriebene Stadtstaat, dessen äußere und innere Ordnung sich in idealen Proportionen widerspiegelte, sollte dieses Prinzip auch die Idealstädte der Renaissance. Ihre Gestalt sollte die Ideale der Human- isten verkörpern. Utopia, das literarische Hauptwerk von Thomas Morus, brachte dieses durch Platon erstmals verbreitete sozialutopische Modell erneut zu gro0er Popularität. Das Werk wurde dann auch Inspirationsquelle zahlreicher Idealstadte, bei deren Kon- zeption wieder an antike Planstädte angeknüpft wurde. Dabei wurden die Stadt-strukturen durch einfache geometrische Formen wie Kreis, Quadrat und Schachbrett-muster bestimmt. Meist orientierten sich dann die Stadtmauern an symbolischen Formen wie dem Hexagon oder dem Pentagramm. Der erste nach dealen Gesichtspunkten ent- standen Entwurf seit der Antike war der Plan der Stadt Sforzinda.

Filarete: Plan für die Idealstadt Sforzinda, von User Rainer Zenz

Sie stammte von dem um 1400 in Florenz geborenen Bildhauer und Literaten Filarete. In 25 Bänden schuf er in der Form eines allegorischen Romans eine Beschreibung mit Plänen der Stadt Sforzinda die er Piero de Medici widmete. Die Schriften behandeln die besonderen Bauwerke der Stadt die Ausstattung der Gebäude sowie die jeweiligen Handwerkstechniken. Bereits schon die römischen Vorbilder zeigen, dass eine geplante Ordnung auch von mythologischen Überlegungen bestimmt war, an die die Ausrichtung der Hauptachsen auf einen wichtige Sonnenaufgangspunkte erinnerte. Hier erinnert Gonzagas Vorname Vespasiano an die großen Leistungen des römischen Kaisers Vespasian. Er bewies sein Geschick nicht nur in politischen Reformen, sondern ebenso in Reformen des Finanzsystems. Vorbild für Gonzaga waren sicher auch die gewaltigen Investitionen Vespasians im Bauwesen, die sich im Aufbau des Kapitols, oder den Bau des Kolosseums zeigten. In dieser Nachfolge sah sich auch wohl der Herzog als er den Plan der Stadt Sabbioneta entwarf. Auch sie wird wie ihre Antiken Vorbilder von der Sonnen- und Sternensymbolik bestimmt.

Ausrichtung Sabbionetas

Genau am Tag seiner Geburt, dem 6. Dezember, war er in der Zeit als der Julianische Kalender noch seine Gültigkeit besaß in der Achse des Palastes über den Dächern der gegenüberliegen Gebäude zu sehen. Doch allein dies offenbart noch nicht die kom- plexen Überlegungen des Städtegründers, in denen die damalige Marienverehrerung, wie die antiken Mythologien in ein Gesamtkunstwerk integriert wurden. Als Gründer konnte er sich mit dem mythischen Städtebauer Gilgamesch identifizieren, der laut dem Epos die erste Stadt Uruk gegründet hat und in diesem Text wurde die Uruk als Stadt des Himmlischen und der Weisheit beschrieben. An dieses Vorbild erinnerte zu dieser Zeit Orion mit der ersten Sicht seines Schultersternes am Morgen von Gonzagas Ge- burtstag. So deckt sich auch die Form des Orion mit dem Stadtgrundriss, wobei die Kette seiner drei Gürtelsterne auf die Kirche Chiesa del Carmine weist.

Chiesa del Carmine, Sabbioneta, Foto Davide Papalini

Die Kirche ist `Unserer Lieben Frau auf dem Berge Karmel´ geweiht, der spirituellen Keimzelle des Karmeliterordens.. In der Geschichte der Israeliten stellt der Berg Karmel einen Wendepunkt ihres Glaubens dar, denn hier erkannte Elija JHWH als den einzig wahren Gott. Damit endete auch die Epoche des Baalskultes und das Volk tötete die Baalspropheten (1 Kön 18,18-40 EU). Der Name Karmel, der übersetzt Garten oder Weinberg bedeutet, wurde so zum Sinnbild einer fruchtbaren ´Glaubenslandschaft´. Dieses Bild spiegelte sich auch in einer Wolke, die Elija von dort über dem Meer beobachtete. Er deutete sie als den Beginn dieser neuen Fruchtbarkeit. Dieses Wolke wurde später dann als eine Präfiguration der Jungfrau Maria interpretiert. In einer Epoche, in der die Astronomie einen ganz neuen Stellenwert bekam und eine Neube-sinnung auf antike Epen erfolgte, rückte auch der Stern Spica, die Ackerfuche aus dem Tierkreiszeichen der Jungfrau wider ins Blickfeld. Mit seiner ersten Sicht erschien er in der nach Südosten führenden Straßenachse dann auch genau am Tag `Der Lieben Frau auf dem Berge Karmel´. Zusammen mit der Hauptkirche, der Chiesa di Santa Maria Assunta erinnerte er auch an die Marienfrömmigkeit jener Zeit. Doch auch in Gegenrichtung erinnerte ein Stern an einen Heiligen. Am 20. Januar wies die erste Sicht des Sternes Vega auf den Tag des San Sebastián, dem Stadtpatron von Sabbioneta hin. Als Schutzpatron der Armbrust- Schützen, Schützengilden, Soldaten, Kriegsin-validen, Büchsenmacher, Eisengießer, Zinngießer, wie den Steinmetzen war er ja ge- radezu idealer Schutzpatron für die Festungsstadt Sabbioneta. Sein Martyrium hatte auch den aus Mantua stammenden Andrea Mantegna fasziniert, der es in drei Fass- ungen darstellte.

Bilder: Wikipedia/ Palazzo Ducale, Foto Giorces in der Wikipedia auf Italienisch, gemeinfrei / Porträt des Vespasiano Gonzaga, Anthonis Mor, http://www.igonzagadellenebbie.it/mostra/introduzione.html Filarete: Plan für die Idealstadt Sforzinda, von User Rainer Zenz on de.wikipedia – vgl. dazu eine farbige Abb. inː dtv-Atlas zur Baukunst, Bd.2, 4.Auflage, 1985, S. Chiesa del Carmine, Sabbioneta, Lombardia, Italia , Foto Davide Papalin i/ Simulation, sunearthtools, stellarium