
Die Steinreihen, Foto Jackogamer
Zwei große Weinfeste widmeten die Römer ihrem obersten Gott Jupiter. Das erste fand am 23. April statt, den heutigen St. Georgstag und das zweite am 19.. August. Über den eigentlichen Anlass des zweiten Festes waren sich selbst römische Geschichtsschreiber uneins. Während es Plinius eindeutig Jupiter zuordnete, beschrieb Varro es als ein Fest der römischen Stammmutter Venus. seine Behauptung leitete er von dem Umstand ab, dass der 19. August zugleich der Weihetag des ältesten römischen Tempels der Venus auf dem Kapitol war. Das Fest der Venus wurde fast zeitgleich mit einem Fest der Artemis gefeiert, das am 13. August stattfand.

Entrückung der Iphigenie während ihrer Opferung durch Artemis (Virgil Solis, 1514)
Wie die beiden anderen Gottheiten Jupiter und Venus sollte auch sie dabei helfen, dass die Ernte von den Augustgewittern verschont blieb. Noch heute sind beide Jupiterfeiertage wichtige Lostage der Wetterschau im bäuerlichen Kalender. So steht am den 23. April: `Kommt der Georg auf einem Schimmel, oder Gewitter am St. Georgstag, ein kühles Jahr bedeuten mag.´ Auch an das alte Wein- fest des Jupiter im August erinnert noch ein Spruch am Tag von Mariä Himmelfahrt am 15. August, wo es heißt: `Mariä Himmelfahrt im Sonnenschein, bringt viel und guten Wein´. Im Jupiter- Venusfest am 19 August, dem die Katholischen Kirche bezeichnender Weise das Fest Mariä Himmelfahrt ent- gegensetzte scheint noch jene Erzählung der in den Himmel entschwebenden Jungfrau durch. Sie ist des Mythos vom Goldenen Zeitalters, als der Bauerngott Saturn eine paradiesisch anmutende Erde regierte. Die Reihe der Zeitalter endete mit dem Eisernen Zeitalter, in dem die Sitten der Menschen verfielen. Astraea, die himmlische Jungfrau der Gerechtigkeit zog sich darauf hin von den Menschen zurück und entschwebte zu den Göttern. Tatsächlich war das Sternbild der himmlischen Jungfrau in diesem Monat nicht zu sehen, doch um den 19. August stieg es Rom, zusammen mit der Sonne hinter ihrem Haupt in den Himmel auf. Ein Bild, das literarisch in der entschwebenden Astraea seinen Niederschlag fand.

Mariä Himmelfahrt, Tizian, um 1516
Dass beide Tage im Zeichen des Weines standen, war auch Ausdruck seiner Verbindung mit den göttlichen Mächten. Doch neben dieser aus der Natur abgeleiteten Bedeutung haben beide Tage eine weitere Gemeinsamkeit. So ist der 23. April der 33 Tag nach dem Frühlingsäquinoktium und der 19. August der 33 Tag vor dem Herbstäquinoktium. Beiden tagen liegt also eine mathematisch -symbol- ische, wie auch eine astronomische Symmetrie im Jahreslauf der Sonne zugrunde.Sie tritt noch einer weiteren Erscheinung zu Tage, denn der Lauf von Sonne und Mond dauert 33 Jahre, bis sie wieder in gleicher Position zueinander stehen. Dies macht die 33 zu einer bedeutsamen Zahl, die in der biblischen Symbolsprache die Bedeutung der Vollendung verkörpert.Beide Tage, der 23. April und auch der 19. August scheinen aber bereits 4000 Jahre früher von Bedeutung gewesen zu sein, denn auf die Sonnenaufgänge an diesen Tagen weisen auch die Steinreihen von Le Menec in Carnac hin. Noch heute stehen dort 1169 Menhire die in 12 Reihen gruppiert sind. Bei 12 Reihen und dieser Aus- richtung wäre natürlich auch eine ebenso präzise Anzahl von Steine zu erwarten. Um 31 Steine ergänzt, also um ca. 2,6% ergäbe sich dann die Idealzahl von 1200 Steinen. Doch keinerlei Mark- ierungen verraten den einstigen Zweck und deren Knick in der Reihung.

Ausrichtung der Steine von Menec bis zum Knick
Eine mögliche Erklärung, die auf eine komplexere Kalenderfunktion des Bauwerkes hindeutet, wäre Niederschrift von Finsternissen, die sich innerhalb eines Saroszyklus ereignen. Werden hier gleich-artige Finsternisse zusammengefasst, so muss ein Zeitraum rund 1200 Jahren beobachtet werden. Eine genaue Beobachtung und die Niederschrift dieser Ereignisse wäre also eine Rechtfertigung für das Aufstellen dieser großen Anzahl von Menhiren. Allerdings sind Aufzeichnungen von Finsternissen erst auf babylonischen Keilschrifttafeln des 8. Jhd`s v. Chr. Zu finden. Dennoch galten Finsternisse in der Antike als Vorboten göttlichen Unheils und deshalb war deren Kenntnis für politische Entscheid- ungen von großer Bedeutung. So berichtet der griechische Geschichtsschreiber Herodot über so ein Ereignis während des Krieges zwischen den Medern und den Lydern. Hier hatte der Astronom und Mathematiker Thales von Milet für diesen Zeitraum eine Sonnenfinsternis berechnet. Als sie wie vorhergesagt eintrat, legten die Gegner erschreckt die Waffen nieder und schlossen Frieden. Eine weitere Erklärung wäre die Kalenderrechnung mit zyklischen Modellen, wie sie der chinesische Kalender kennt. Seit dem 3. Jahrtausend besteht er aus einem Modell, das sich aus dem Rhythmus der 10 Himmelsstämme für die Jahre, dem der 5 Elemente für die Wandlungsphasen und den 12 Erdzweigen zusammensetzt. Sie werden jeweils zu Zyklen von 60 Jahren zusammengefasst. Die heute noch sichtbaren Relikte der Megalithkultur, die vom Westende Europas bis zur Koreanischen Halbinsel reichen, könnten ein Hinweis dafür sein, dass neben sich dem Baustil, eben auch dieses Modell der Zeiteinteilung verbreitet hat.

Menec, Arktur Erstsicht Frühlingsäquinoktiuum im 11 Jhd., in der Flucht der Steinreihen
Wie das Bauwerk von Carnac die wechselvolle Geschichte überdauerte, so ist auch im Name von Menec/Menat immer noch jener uralte himmlische Bezug erhalten. In seinem Buch `Stars Stones and Scholars´ führt ihn der Autor Andis Kaulins auf den alten bretonischen Namen des Sternbildes Bootes zurück. Ein Indiz dafür, dass der Name Bootes den Grund für den Ortsnamen bot, zeigt der Lauf des Sternbildes noch während des 12. Jahrhunderts.Am Abend des Frühlingsäquinoktiums tauch te der Stern Arktur als Zeitmarker des Frühlings in der Achse der Steinreihen auf, so als wäre das Bauwerk auf ihn ausgerichtet worden.
Bilder: Wikipedia / Die Steinreihen, Foto Jackogamer, CC BY-SA 3.0 / Entrückung der Iphigenie während ihrer Opferung durch Artemis (Virgil Solis, 1514) / Mariä Himmelfahrt, Tizian, um 1516, Tizian – The Yorck Project (2002) / Simulation: sunearthtools, stellarium, google-map
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