Der Reutlinger Auto Jürgen Meyer schreibt in seinem Buch `Archäologische Geheimnisse´ auch über die Nekropole bei der Stadt Nehren, die ungefähr 10km südlich von Tübingen liegt. Die Nekropole gilt als das größte Grabhügelfeld im Regierungsbezirk Tübingen und umfasst einen Zeitraum, vom 15. Jahrhundert v. Chr. Bis zur späten Hallstattzeit im 6. Jahrhundert. Aus späterer Zeit konnten hier keine Grabhügel mehr identifiziert werden. Be- trachtet man nur das Feld der Grabhügel, das heute eingezwängt zwischen Eisenbahn und Fernverkehr liegt, so erscheint der von Meyer gewählte Begriff etwas hochtrabend, denn eine Nekropole im klassischen Sinn verlangt auch architektonische Elemente. Übersetzt bedeutet der Begriff ja Totenstadt, doch Anklänge an städtische Elemente sucht man hier vergeblich.
In klassischen Nekropolen wurden die Särge in Schreinen aufgestellt, die wie Miniaturaus- gaben von Wohngebäuden erscheinen. Meist wurden diese dann zu Gruppen zusammen-gefasst, deren Zwischenräume durch Wege gegliedert wurden. In Deutschland gibt es nur wenig Grabanlagen die diese Elemente aufweisen. Hierzu zählen die aus der Megalithepoche stammenden Großsteingräber, wie die Oldendorfer Totenstadt, oder die Nekrople von Sodersdorf. Innerhalb der Anlage von Nehren ist auf Grund von vielen zerstörten Hügeln ein Muster, das als Plan der Anlage diente, nicht mehr zu erkennen. Dennoch lassen sich mehrere Sonnenbezüge herstellen, die auf eine nach mytholog- ischen Überlegungen erfolgte Planung schließen lassen.
Ein Berg der eine unmittelbare Beziehung zu dieser Nekropole gehabt haben muss, ist der südlich von Öschingen gelegene Bolberg. Über seinem Plateau steht die Sonnenscheibe während der Wintersonnenwende und ebenso ist von der Nekropole hier der Mondaufgang während der großen Mondwende Süd zu sehen. Wählt man als Ansatz die Mitte der des Gräberfeldes, so lassen sich beide Richtungen auch heute noch in der Hanggeometrie des Bolberges erkennen. Der Name selbst weist in unterschiedliche Richtungen. In Grimms Wörterbuch wird bol als Bollen, oder auch als rundliche Bergkuppe erklärt. Die Silbe bol verweist auch auf den Lichtgott Apollo, der in seiner frühen Form große Berg- gottheit bedeutete. Sie stand damals gleichzeitig für die Aspekte Sonne und Mond. Die Verbindung der Nekropole mit dem Sonnenaufgang zur Wintersonnenwende ist ein Phänomen das schon früh bei anderen Gräberfeldern auf er Alb entdeckt wurde, denn auch in der keltischen Kultur hatte dieser Tag eine besondere Bedeutung. Im schweizer-deutschen Dialekt der auf helvetisch-keltische Einflüsse gründet, hat das Wort Wiënacht noch keinen Bezug zum heute gebräuchlichen Begriff der geweihten Nacht. Ursprünglich wurde die Wie-Nacht, oder mittelhochdeutsch wichnaht, als die wichtige Nacht betrachtet. Es war also eine Nacht existenzieller Fragen. In der damaligen Vorstellung bot diese Nacht also Raum für die Vorstellung einer Verbindung der Seele mit der Vergangenheit, wie auch der Zukunft. Im Angesicht der unvergänglichen Seelen, wurden diese als Lichter-Baum mit Kugeln und brennenden Kerzen dargestellt. Auch im spätantiken Christentum gab es noch zahlreiche mythologische Vorstellungen zur Wintersonnenwende, doch erst die Be- schlüsse auf dem Konzils von Nicäa im Jahr 325 setzten dieser Praxis ein Ende. Dort wurde mit dem Ersatz des römischen Feiertages Sol Invictus durch das Weihnachtsfest eine einheitliche theologische Deutung geschaffen. Grundlage für die Entscheidung war auch die Prophezeiung des Maleachi. Er war einer der Propheten aus dem 12 Prophet- enbuch des Tanach. Dort sagte er: `Euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit und Heil unter ihren Flügeln.(Mal.3.2)
Sonnenrichtungen der Nekropole Nehren
Drei weitere wichtige Sonnenaufgänge sind von der Nekropole aus am 1. Februar und dem 31. Oktober über dem Rossfeld und während des Äquinoktiums über der Ruine Stöffelen zu sehen. Selbst zur Achalm hatte der Ort einen Bezug, denn sie liegt genau in der Linie des Sonnenaufganges zur Sommersonnenwende. Diese Bezüge der Nekropole Nehren zu wichtigen Kalenderdaten werfen ein Licht auf die keltischen Vorstellungen von einer Anderswelt in der die Toten lebten. Im Gegensatz zu anderen Kulturen konnte die nicht nur von Göttern oder deren Helfern betreten werden, sondern ein Kontakt war auch den Menschen möglich. Im Glauben der damaligen Zeit, waren sich die Welt der Leben und der Toten in zyklischen Abständen besonders nahe, so dass ein Übertritt möglich war. Diese Vorstellung verkörperte wohl die Ausrichtung der Nekropole auf wichtige Sonnenaufgangspunkte im keltischen Jahreszyklus und sie verkörpern die planerischen Elemente dieser Totenstadt nach denen man heute vergeblich sucht.
Bilder: Wikipedia/Nekropole in Hierapolis, Hans Weingartz/ Bolberg im Winter, http://www.albtips.de/2014/02/02/winterspaziergang-bolberg/Simmulaztion, sunearthtools