Rathgall und Lugh

 

Lughs magischer Speer, Celtic Myth and Legend.1905

An Lughnasadh wurde einst in Irland dem Gott Lugh das erste Brot geopfert. Die erste Kornabgabe sollte dazu dienen, eine weitere gute Ernte zu erhalten. Zu dieser Zeit war dies das erste von drei Erntefesten die mit dem Herbstäquinoktium endeten. Dass der Kult durchaus seine Berechtigung hatte, wird an Hand einer Temperaturkurve schnell er- sichtlich. Um den 1. August ist die höchste mittlere Temperatur erreicht und gleichzeitig steht das Korn dann in voller Reife. Doch die hohe Tagestemperatur birgt auch die Gefahr von Gewittern, die die Ernte dezimieren können. Es war aber nicht nur ein Erntefest, sondern gemäß den Erzählungen, soll es an Lughnasadh, und an Samhain, auch möglich gewesen sein, die Schwelle zur Anderswelt zu überqueren.

Hillfort Rathgall im County Wicklow , Foto von Simon Dowling , CC BY-SA 4.0

So bietet gerade der Ringwal Rathgall ein Beispiel dafür, wie Kult und Bauen zu einer Symbiose finden. Lugh war einer der höchsten keltischen Götter und stammte noch von den mythischen Urvölkern ab, den Fomorern und den Tuatha de Danaan. Seiner Bedeutung angemessen ist er deshalb auch noch im Namen zahlreicher Orte enthalten, deren Ursprünge auf keltische Ansiedlungen zurückgehen. Darunter finden sich Orte wie Lyon, Laon, oder auch Luzern. Durch seine überragende Bedeutung für die Kultur erhielt Lugh auch viele Ehrentitel, wie Samildánach, der Meister aller Künste, oder auch Lamhfhada, der mit dem langen Arm. So wurde Lugh zum Gott des Handwerks, der Kriegs- wie auch der Dichtkunst. Aber er wurde auch als Spender des Heils und als Gott der Magier gesehen. Ethne, die Tochter des Fomoren-Königs Balor. ist seine Mutter und sein Vater der Druidensänger Cian. Eine Prophezeiung hatte Balor davor gewarnt, dass er durch die Hand seines Enkels sterben würde, weshalb er seine Tochter in einem Turm aus reinem Kristall einsperren ließ. Doch Cian gelang es mit Hilfe der Zauberkraft einer Druidin in diesen Kristallturm einzudringen und Ethne zu schwängern. Kurz nach seiner Geburt entdeckt Balor den Neugeborenen und schleuderte Lugh ins Meer, wo er bald darauf gerettet und der Amme Tailtiu übergeben wurde. Zu deren Gedenken soll Lugh dann später das Fest am 1. August gestiftet haben. Der Verweis auf seinen langen Arm, die Liebe zu Frauen sind beides Motive, die auch bei den Legenden Orion auftauchen.

Vierköpfiger Brahma; Tempel von Phnom Bok, Kambodscha (9./10. Jh.), Foto Vassil

Seine Entstehung erklären nicht nur griechische Mythen, sondern auch Erzählungen aus dem indischen Kulturkreis. Dort erzählt eine Sage vom Gott Brahma, der auch Pradschapati genannt wird, von dessen Liebe zu seiner Tochter Uschas, der Morgenröte. Um sie zu gewinnen verwandelte sich Pradschapati in einen Bock und näherte sich so seiner Tochter die sich in eine Ziege verwandelt hatte. Die Götter sahen dies und waren hellauf entsetzt, da dies noch nie geschehen war. Da sich aber niemand fand, der Pradschapati bestrafen wollte, vereinigten sie die bösesten Dämonen in Gestalt des Gottes Bhutavan. Der verlangte nun für die Durchbohrung des Brahma als Lohn der neue Herrscher über das Vieh zu werden. Der durchbohrte Brahma schwang sich aber in die Höhe des Himmels und wurde fortan zum Sternbild Orion und wurde mriga, der Hirsch genannt. Ebenso sind aber auch die beiden Namen `Jäger des Hirsches´ und `Rohint´ als Name seiner Tochter überliefert. Die Sage dient in Indien auch als Erklärung dafür, wes- halb dem Gott Brahma dort keine Tempel erbaut wurden. Als Gott Dumuzi wurde Orion auch in Sumer und ebenso als Osiris in Ägypten verehrt. Die ähnliche Rollen Orions deuten aber auch darauf hin, dass es gemeinsame Wurzeln dieser Verehrung gab, die noch viel weiter zurückreichen.

Orion und Rathgall

Die Übereinstimmung von Formen eines Sternbildes mit Bauwerken ist bislang nur wenig untersucht worden und erscheint auch heute noch immer außerhalb unseres Vorstell- ungsvermögens zu liegen. In Anbetracht der Mythen, in denen Orion als wichtige Gottheit erscheint, wäre aber dies ein naheliegender Gedanke seine Form als eine Art Schutz-zeichen für ein Bauwerk zu verwenden. Eines der wohl bekanntesten aber zugleich um- strittensten Beispiele sind die Pyramiden von Gizeh, deren Anordnung der ägyptisch-französische Autor Bauval auf die drei Gürtelsterne des Orion zurückführte. Als der britische Forscher Graham Hancock im Jahr 2011 den Steinkreis von Stonehenge unt- ersuchte, fand er in der Steinsetzung ebenfalls  ein Abbild des Orion, dessen Position mit seiner Stellung am Himmel korrespondierte.

Orion und Stonehenge, nach einer Illustraion von Graham Hancock (Nordpfeil nach unten)

Wie in Stonehenge, so stellt sich auch bei dem amorph geformten Ringwall von Rathgall die Frage, ob die Geometrie nur dem Unvermögen der damaligen Baumeister geschuldet ist, oder aber auch hier ein konkretes Bild die Umrisslinie bestimmte? Vergleicht man den in der mittleren Bronzezeit entstandene Anlage mit dem Sternbild des Orion, so ist auch hier eine Übereinstimmung von dessen Aufstieg um den 1. August und der Geometrie des Ringwalles zu erkennen. Deuten bereits die Eigenschaften Lughs auf Orion hin, so ist die Geometrie von Rathgall ein weiteres Indiz für die besondere Wertschätzung des him- mlischen Riesen in jener Zeit.

Bilder: Wikipedia/ Lughs magischer Speer ,scanned and made available online at sacred-texts.com, uploaded by QuartierLatin1968 Illustration of Lugh’s magic spear by Harold Robert Millar, published in by Charles Squire (1905) / Hillfort Rathgall im County Wicklow , Foto von Simon Dowling , CC BY-SA 4.0, File:Rathgall.png / Vierköpfiger Brahma; Tempel von Phnom Bok, Kambodscha (9./10. Jh.), Vassil und ein weiterer Urheber- Stonehenge/https://grahamhancock.com/burleyp2/ Simulation, sunearthools, stellarium