Pinselzeichnung der Burgruine Rauber von August Seyffer aus dem Jahr 1813/14
Die Burganlage auf einem zur Teck weisenden Bergsporn soll im Jahr 1210 von den Rittern von Diepoldsburg erbaut worden sein. 5 Jahre später wird auch `Ulrich de Diepoltsburc´ in einer Urkunde als ihr Besitzer ausgewiesen. Die Anlage besteht allerdings aus zwei Burgen, einer unteren Burg, der heutigen Ruine Rauber und der oberen Diepoldsburg. Sie wurde bis ins 15. Jahrhundert bewohnt und verfiel im 16. Jahrhundert. Erst Mitte der 70er Jahre wurden die Reste wieder restauriert, so dass die Ausmaße der Burg erkennbar sind. Über die Entstehung des Namens Rauber herrscht Uneinigkeit. Eine der Erklärungen führt die Entstehung auf den Flurame Rauhberg zurück, doch heute hat sich die wesentlich populärere Erklärung mit Hilfe der Sibyllensage durchgesetzt. Die weiße Frau Sibylle, die einst in einer Höhle auf der Teck gelebt haben soll, hatte 3 Söhne: Unhold, Raufbold und Saufbold. Alle zogen weg von der Teck und bauten ihre eigenen Burgen, wobei Unhold die Rauberburg erbaute. Von dort aus soll er dann mit seinen Raubrittern Kaufleuten und Bauern aufgelauert haben.
Raubritter, Darstellung aus dem 19.Jhd.
Die Namen Diepold, wie auch Unhold lassen Raum für Interpretationen, denn der Begriff Räuber erscheint ja bereits im Name des ersten Eigentümers Diepoltsburc. Im mittelhoch-deutschen Wörterbuch wird diep mit Räuber, Dieb, aber auch Schlemmer erklärt und hold mit Freund oder Dienstmann. Sicher bezeichnete sich der Edelmann nichts selbst als Dieb, sondern verstand sich wohl mehr als schlemmender Genussmensch und treuer Gefolgsmann. Doch der Name Unhold, einem der Sibyllensöhne, spricht eine eindeutige Sprache, denn er entspricht ja ganz dem Bild des furchteinflößenden Raubritters. Hatte also die Sage von den drei Brüdern geholfen, das ursprüngliche Missverständnis zu korrigieren?
Templer, Schlacht bei Montgisard 1177
Betrachtet man den Begriff Raubritter, so fällt auf, dass das Wort eine sprachliche Neu- schöpfung innerhalb der Mittelalterromatik des 18. Jahrhunderts ist. In zahlreichen Erzähl- ungen wurde davon berichtet, wie Adelige, angeblich im späten Mittelalter, aufgrund des gesellschaftlichen Wandels und der veränderten Kriegstechnik in Not gerieten und sich dann eine neue Existenz als Raubritter aufbauten. Tatsächlich verbirgt sich hinter den Legenden aber ein wahrer Kern, denn im 11. Jahrhundert geriet der Ritterstand in eine Kriese. Nach der Völkerwanderung hatte sich die Adelsherrschaft konsolidiert und somit wurden viel weniger Waffenträger benötigt. Zudem verschärfte das Erbrecht des Erst- geborenen die Situation für die zahlreichen Abkömmlinge eines Ritters. Im Sommer 1095 änderte diese Situation schlagartig. Bernhard von Clairvaux hatte das Bild des Mönchs-ritters geschaffen, der die christlichen Ideale innerhalb einer streng geführten Ritterge-meinschaft verteidigen sollte und Papst Urban II rief zum 1. Kreuzzug auf. Der Kampf im Heiligen Land, der Schutz der Pilger und die Betreuung der Kranken boten endlich wieder Aufgaben für die zahlreichen Ritter.
Templer und ihr Ende, Verbrennung wegen Sodomie und Ketzerei
Waren die Raubritter also nur das Produkt der Fantasie, so findet sich aber noch eine andere Erklärung für das Wort Raub. In der althochdeutschen Sprache gab es zwei ganz ähnlich klingende Worte: rauba, das sich zum heutigen Raub entwickelte und raub, das lang bedeutete. Später verwandelte das Wort und wurde zur Robe, dem langen Kleid. Beide Bedeutungen verweisen auf die Ausrichtung des Bergspornes, der in einem 1814 gezeichneten Bildes von August Seyffer noch eine majestätische Wirkung entfaltet. Zu Recht, denn dieser Sporn weist in Richtung des Sonnenuntergangspunktes während der Sommersonnenwende. Der liegt an diesem Datum, vom Rauber aus betrachtet, nur wenige Dutzend Meter vom gelben Fels der Teck entfernt. Damit erklärt sich auch das Wort Raub mit dem `Sonnenraub´ auf dem südlichen Ausläufer der Teck und zugleich die Bedeutung lang, mit dem längsten Tag im Jahr.
Ruine Rauber, Ausrichtung Sonne
Auch im Spätmittelalter übte dieses Datum noch eine mächtige Anziehungskraft aus, doch das Christentum versuchte die vorchristlichen Bräuche mit den Gedenktagen der beiden Heiligen Johannes und Veit zu verdrängen. Getreu der biblischen Überlieferungen war Elisabeth, die Mutter des Johannes, bereits im 6. Monat schwanger, als sie Maria nach der Empfängnis am 25 März aufsuchte. Damit war auch die Geburt des Täufers mit dem 24 uni festgelegt. Durch sein Eremitenleben wurde er während der Kreuzzüge zu einem Vorbild vieler Ritter des Mittelalters. Der Legende zufolge soll sein Leib von seinen Anhängern vermutlich in Samaria begraben worden sein, wo im 4.Jahrhundert ein Kloster entstand und im 12. Jahrhundert, also dem Zeitraum der Errichtung der Burg, durch Kreuzfahrer in Samaria eine große Kirche errichtet wurde. Ein Blick auf die Ausrichtung der Burg Rauber zeigt, dass sie nicht ganz der Richtung des Bergspornes folgt und wohl den Punkt ausgerichtet wurde, an dem die Sonne 3 Tage nach der Sonnenwende unter- geht, am Geburtstag von Johannes dem Täufer.
Bilder: Wikipedia / Pinselzeichnung der Burgruine Rauber von August Seyffer aus dem Jahr 1813/14 August Seyffer – Wilhelm Gradmann, Burgen und Schlösser der Schwäbischen Alb, Stuttgart 1980 / Verbrennung von Templern wegen angeblicher Sodomie und Ketzerei, Anonym – Bibliothèque Municipale, Besançon, France, Simulation, Sunearthtools