Kultort Wurmberg

Der Wurmberg vom Großen Knollen aus gesehen.Foto Ravie

Als Heinrich Pröhle Jahr 1856 in seinen Harzsagen, eine eine steinerne Treppe, die auf den Wurmberg bei Braunlage führt, als Hexentreppe bezeichnete, entstand daraus die Vorstell-ung eines heidnisches Kultortes. Funde eines rechteckigen Fundamentes und einer kreis-förmigen Anlage aus Steinen stützten die Vorstellung von einem dort errichteten Heiden-tempel.

Lange Zeit hielt sich diese Vorstellung, bis der Archäologe Dr. Michael Geschwinde im Jahr 2000 seine Forschungsergebnisse präsentierte. Sie zeigten, dass die kreisförmige Anlage einst das Fundament eines trigonometrischen Turmes bildete und das rechteckige Funda-ment Teil des alten Forsthauses war.

`Hexentreppe´, Kultplatz Foto Foto Terraner

Obwohl so keine Relikte die Vorstellung vom prähistorischen Kultort stützen, bleiben doch der Flurmane Wurmberg, sowie die Flurnamen der beiden kleineren Berge Großer und Kleiner Winterberg, die auf solch eine Stätte hinweisen. Alle drei Namen wurden sicher nicht ohne triftigen Grund gewählt.

Beginnt man bei der Suche nach Gründen auf dem Großen Winterberg, so bietet er einen Ort zur Beobachtung von Sonnenuntergängen an zwei wichtigen Daten: Der Sonnenunter-gang über dem Ende der Hexetnreppe am 24 November, dem Tag, an dem Römer einst auch das Fest der Brumalien zu Ehren des Dionysos begannen und den Sonenuntergang über der Ostspitze des Wurmberges am Ende der Brumalien.

vemuteter Kultplatz auf dem Wurmberg, Foto Foto Terraner

Ist über dem Großen Winterberg während der Sonnenuntergänge zum Beginn und am Ende der Brumalien der Höhepunkt des Winters überschritten, war dessen Ende dann vom klein-en Winterberg aus sichtbar. Dieses Ende erfolgte meist im dem Zeitraum des 14. April, wo einst im römischen Reich auch das Fest der Getreidegöttin Cerres begann. An diesem Tag wird in der katholische Kirche der heilige Tiburtius gefeiert und ein Spruch aus dem Bauern-kalender verkündet hier: `Am Tiberiustag die Natur nun endlich grünen mag´. Für alle war das Ende Ende des Winters dann durch dem Ruf des Kuckucks hörbar, des letzten Zug-vogels, der zu diesem Zeitpunkt eintraf.

Erklären die Winterberge, die Daten für den Zyklus der kalten Jahreszeit, so verweist der Wurmberg, in dem sich das Wort Wurm oder Schlange verbirgt, auf das Jahrtausende alte Motiv des Ouroboros. Es stellt jene Schlange dar, die sich in den Schwanz beißt. Damit bildet sie mit ihrem Körper einen geschlossenen Kreis und steht so für einen stetig wieder-kehrenden Zyklus. Wohl zu Recht wurde sie einst auch als Schlange der Ewigkeit be-zeichnet.

Der Wurmbergkalender

Es gibt Belege aus der Bronzezeit, wie den Harzer Försterstieg und Relikte, die auf den Bergbau in der Region hinweisen. In dieser Zeit Gerade zeigte sich hier auch eine Überein-stimmung von Sonnen- und Sternbeobachtung, denn um den 14. April war der Stern Spica, aus dem Sternbild Virgo, über dem Wurmberg kurz vor Sonnenaufgang zu sehen. Die Sonne, wie auch Spica, die Körnähre, hätten dann den Beginn des Festes der Getreide-göttin markiert.

Somit kann der Wurmberg allemal als Kultort betrachtet werden, selbst wenn Relikte dies bislang nicht belegen können.

Bilder: Wikipedia/Der Wurmberg vom Großen Knollen aus gesehen. Im Vordergrund liegt die Bergstadt St. Andreasberg. Mit 971 Metern Höhe ist er der höchste Berg Niedersachs-ens. Foto Ravie, CC BY-SA 3.0 /Wurmbergschanze, Harz, Deutschland, Foto Steffen Löwe CC BY-SA 3.0 / Hexentreppe, Kultplatz Foto Foto Terraner/ Wurmbergkalender, opentopmap,sunearttools, stellarium

Neue Analyse zeigt, wie Stonehenge als Sonnenkalender genutzt werden konnte — grenzwissenschaft-aktuell.de

Lesezeit: ca. 3 Minuten Bournemouth (Großbritannien) – Dass der berühmte Steinkreis von Stonehenge nach den Sonnenwenden ausgerichtet ist, ist bekannt. Eine neue Analyse zeigt nun noch genauer, wie die Steine in einem Sonnenkalender zur Tages-, und Jahreszeitenbestimmung genutzt werden konnten. Wie Professor Timothy Darvill von der Bournemouth University aktuell im Fachjournal „Antiquity“ (DOI: 10.15184/aqy.2022.5) berichtet,…

Neue Analyse zeigt, wie Stonehenge als Sonnenkalender genutzt werden konnte — grenzwissenschaft-aktuell.de

Der Hohenzollern, ein Michaelsberg

Der Erzengel Michael von Raffael (1518), Louvre

Das Jahr 1566 überschatteten 2 Katastrophen. Im Juli wurden nach lang anhalten Regenfällen zahlreiche Städte entlang des Hochrheins und im Bodenseegebiet überflutet. Wenig später, am 10. August, wurde durch die Zerstörung religiöser Bilder in einer Kirche in Steenvoorde die Grundlage für den 80 Jahre dauernden Krieg der Niederlande gegen Spanien gelegt. Angesichts dieser Ereignisse erscheint die Arbeit des Froben Christoph von Zimmern nur allzu verständlich, denn er verfasste im Schloß Meßkirch die nach ihm benannte Zimmerische Chronik. Neben einer fantasiereich geschilderten Geschichte des Landes, erwähnt er auch den heutigen Hohenzollern mit dem heute völlig unbekannten Namen Michaelsberg. Später wurde dies, wie auch andere Details, als reine Erfindung des Herrn von Zimmern abgetan.

Zimmersche Chronik,Handschrift B, aufgeschlagen, Foto FA2010

Doch bei genauer Betrachtung liefert die Beschreibung des Hohenzollern einen Hinweis zu einem bislang weitgehend unbeachteten Phänomen, der Ausrichtung der Landschaft auf Gestirnssichtungen. Dies ist nicht nur bei einem den Kelten zugeschriebenen Kultstätten auf Bergen wie dem Donon zu sehen, sondern auch bei kretischen Bergheiligtümern. Die Geschichte des Erzengels Michael beginnt im Alten Testament mit der Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies. Später besuchte er Abraham und teilte während des Exodus mit seinem Schwert das Rote Meer. Im Christentum wurde er dann in sehr unterschiedlichen Funkt-ionen verehrt. Diese Verehrung begann mit dem Wunder im süditalienischen Gargano, auf dem heutigen Monte Sant Angelo. Am 8. Mai 492, so die Erzählung, soll Michael einigen Hirten erschienen sein und ihnen mitgeteilt haben: `Diese Grotte ist mir heilig, ich habe sie mir erwählt, …´ In der Folgezeit entstanden nicht nur auf dem Mont-Saint-Michel, sondern auch an zahlreichen anderen Orten Kirchen die dem Erzengel geweiht wurden. Unter diesen Kirchen befindet sich auch die auf dem Michaelsberg bei Cleebronn. Neben dem Feiertag am 8. Mai gab es noch den eigentlichen Michaelitag am 29.September, dem Tag seiner dritten Erscheinung in Gargano. Ebenso wurde auch das Wunder von Alexandria am 6. Juni und ebenso seine Erscheinung bei Kaiser Konstantin am 9. Juni gefeiert. Auch die Kirche auf dem Mont Saint-Michel entstand nach einer Traumvision des Bischofs von Avranches, in der er im Jahr 708 vom Erzengel den Auftrag zum Bau der Abtei erhielt. Die meisten Berge, die den Namen Michael tragen, verbindet aber nicht nur die Aussicht, sondern ebenso die Ausrichtung der Landschaft hin zu einem Sonnenauf- oder Untergang an einem der Gedenktage des Michael. Deutlich wird dies beim symmetrisch geformten Mont Saint-Michel dessen Mittellinie auf den Michaelitag am 29.September gerichtet ist oder auch beim Michaelberg in Heidelberg.

Ausrichtung des Mont-Saint-Michel

Von ihm aus betrachtet ist der Sonnenaufgang bezeichnerzweise über dem nordöstlich gelegenen Heidenknörzel zu sehen. Auch die Landschaftsform des gleichnamigen Berges in Cleebronn weist auf ein Michaelsdatum. So deckt sih die Ausrichtung des als Wächter des Zabergäus bezeichnete Berg es mit der Verehrung in Konstantinopel wo er im von Kaiser Konstantin errichteten Michaelion am 9,Juni als Türwächter Konstantinpols verehrt wurde. Ähnlich diesen bekannten Michaelsbergen weist auch der Hohenzollern diese eigentümliche Ausrichtung der Lamdschaftsform auf. So zielte hier im Mittelalter die Mittellinie des elliptisch geformten Berges noch auf den Sonnenaufgang an jenem 8. Mai, an dem die Sonne über der Hornisrinde im Schwarzwald aufging.

Die Ausrichtung des Hohenzollern

Die Burg Hohenzollern

Mit dieser Sonnenausrichtung weist der Hohenzollern eine Eigenschaft auf die auch bei mediterranen Bergheiligtümer, wie denen der Minoischen Kultur zu beobachten ist. Auch dort standen Götterkulte und die Sonnenausrichtung der Landschaft immer in enger Verbindung. Eine Ideallinie ergibt sich beim Hohenzollern aber beim Sonnenaufgang am 2. Februar und dem Sonnenuntergang am 6.Mai. Beide Daten verweisen auf hier auf den vom schottischen Ingenieur Alexander Thom bei Stein-setzungen in England gefundenen megalithischen Kalender. Dieser Kalender hatte eine Unterteilung von 16 Monaten, in Monate mit je 23 und 22Tagen. So sind die, die Ideallinie des Hohenzollern bestimmenden Daten, genau zwei Monate vom in vielen Kulturen gefeierten Frühlungsäqutionoktium entfernt. War dies der Zeitraum der Angleichung der Landschaft an den Sonnenlauf, so bot im 30.Jhd. v. Chr. die letzte Sicht auf Acrturus, den hellsten Stern des Bärenhüters am 2. Februar eine weitere Möglichkeit einen Sonnenkalender abzustimmen. Es ist die gleiche Zeit, in der in Carnac und in England mit Steinsetzungen ebenfalls Kalenderanlagen errichtet wurden. Die Bezeichnung Michaelsberg, wie er in der Zimmerschen Chronik genannt wird, hat also hier durchaus seine Be- rechtigung. Vor diesem Hintergrund der Sonnenausrichtung gewinnt auch der in der Literatur erwähnte Name `Mons solarius´, der Sonnenberg, eine neue Bedeutung. Er bot in einer Zeit ohne Uhren hier die Möglichkeit, mit Hilfe der Sonne die Zeit zu ordnen und damit war er gleichzeitig auch ein Ort göttlicher Macht. Dass sich diese Macht ebenso in der Symbolik der Zahlen offenbart, zeigen die Daten der Michaelsfeiertage. So beträgt ist der Zeitabstand vom 8.Mai, dem Wunder von Gargano, bis zum Michaelitag am 29. September 144 Tage. Die 144 ist das Quadrat der 12. Im biblischen Kontext stehen die 1 und die 2i gemeinsam für Gort und seine Schöpfung. Als 144 taucht die Zahl  3 mal im Text der Johannesoffenbarung auf in der das letzte Weltgericht geschildert wird. Dort besiegt Michael dann das Böse in Gestalt eines Drachens und am Ende des Gerichtes werden 144000 gerettet.

Bilder: Wikipedia / Hohenzollern, Postkarte um 1938 / Der Erzengel Michael von Raffael (1518), Louvre,Raffael – Retouched from File:Le Grand Saint Michel, by Raffaello Sanzio, from C2RMF.jpg, originally C2RMF. Wiki gemeinfrei / Zimmersche Chronik,Handschrift B, aufgeschlagen, Foto FA2010 / Simmulation Sunearthtools, opentopomap, Heinrichs Kalenderumrechner

 

Meinrad und die Sülchenkirche

Sülchenkirche

Nordöstlich von Rottenburg liegt die Sülchenkirche. Der spätgotische Saalbau entstand um 1450, doch neuere Funde belegen dort dass Vorgängerbauwerke bis ins 7. Jahr- hundert zurückreichen. Dies belegen Grabungen aus jüngster Zeit, bei denen Reste einer frühmittelalterlich-karolingischen Steinkirche aus der Zeit um 750 freigelegt wurden. Dabei wurden auch weitere Hinweise auf eine noch ältere Holzkirche gefunden. Sie gilt auch als Mutterkirche der Stadt Rottenburg. Mit dem darunterliegenden Friedhof belegen die Funde, dass der Ort Sülchen seit 1500 Jahren als Bestattungsplatz diente. Der frühere Direktor des Landesamtes für Denkmalpflege, Dieter Planck, hielt deshalb die Sülchenkirche für einem `zentralen Fundpunkt´ für die Geschichte und die Kirchengeschichte Südwest-deutschlands und räumte ihr auch eine Sonderstellung innerhalb der Kirchenbauten ein.

Sülchenkirche, Blick nach Wurmlingen

Der Name Sülchen führt zu einem längst abgegangen Ort zurück, der Mittelpunkt des frühmittelalterlichen Sülchgaues war. Seine Ausdehnung entsprach in weiten Teilen des heutigen Landkreises Tübingen. Erstmalig fand der Gau eine Erwähnung in der im Jahr 888 ausgestellten Schenkungsurkunde des Königs Arnulf unter dem Namen `Sulihgeiuua´. Sprachgeschichtlich wird heute eine Verbindung zwischen dem Namen der römischen Siedlung Sumelocenne, dem später latinisierte Name Solicinium, zum heutigen Sülchen gezogen. Der Name der römischen Siedlung, die in der Kernstadt Rottenburgs lag, wird heute als eine Verbindung der Worte sumelis, der Bezeichnung für eine vermutete kelt- ische Gottheit und cenna, dem Gipfel, erklärt. Doch sumelis deutet auch eine Verwandt-schaft zum lateinischen Verb sumere an, das annehmen bedeutet. Eine zumindest ideelle Verbindung zu einer Gottheit scheint also durchaus plausibel sein, wo doch vom nörd- lichen Rand der Siedlung der Wurmlinger Kapellenberg auf der Linie der Sommersonnen- wende liegt. Doch das ursprüngliche Wort sulih verweist auch auf das althoch-deutsche Wort sul, die Stele oder Pfosten. War also Sülchen etwa der Ort für eine Stele im Sinne germanisch-allemannischer Götteridole, muss der Ort auch Bezüge zur näheren Um- gebung aufweisen.

Svantevit-Statue

Auffällig, auch im Namensbezug, ist der westlich gelegene Höhenrücken Heidenwald mit seinem Burgstall. Vom Standort der Sülchenkirche war dort früher, ohne die heutige Bbebauung,  der Sonnenuntergang zu den Äquinoktien zu sehen, während über dem nord- westlich gelegenen Heuberg, dem Rottenburger Hexentanzplatz die Sonne am 1. Mai untergeht. Am gleichen Tag ist er aber auch der Aufgang über der bei Tübingen gelegenen Ödenburg zu sehen. Ein weiterer Sonnenbezug, der sich auch im Flurnamen nieder-schlug, ist der südöstlich gelegene Sonnenberg bei Kiebingen, wo der Sonnenaufgang am 1. Februar stattfindet. Von der Ödenburg, einem beliebten Ausflugsziel bei Tübingen, ist heute kaum noch etwas zu erkennen. Friedrich Hölderlin beschrieb sie einst in seinem Gedicht `Burg Tübingen´ mit folgende Worten: „Still und öde steht der Väter Feste, Schwarz und moosbewachsen Pfort‘ und Turm, Durch der Felsenwände trübe Reste Saust um Mitternacht der Wintersturm, …“ Der verlassene Ort wurde wohl damals zu- recht als öde bezeichnet, was dann zum heutigen Flurname führte. Doch ein Blick in die vorchristliche Mythologie bietet auch eine andere Erklärung. In der nordischen Götterwelt vollzog der oberste Gott Odin mit Beginn des Monates Mai die heilige Hochzeit mit der Fruchbarkeitsgöttin Freya, oder auch Frigg genannt. Diese Götterhochzeit sollte die Fruchtbarkeit der Natur zu gewährleisten. Auf seinen Reisen über das Land wurde Odin von den beiden weisen Raben Hugin und Munin begleitet. Der Name Huguin leitet sich vom altnordischen Verb huga, denken, ab und Munin, vom muna, sich erinnern. Snorri Sturluson schreibt in der nordischen Göttersage Edda: „Zwei Raben sitzen auf seinen (Odins) Schultern und sagen ihm alles ins Ohr, was sie sehen und hören. Sie heißen Hugin und Munin. Bei Tagesanbruch entsendet er sie, um über die ganze Welt zu fliegen, und zur Frühstückszeit kehren sie zurück. Von ihnen erfährt er viele Neuigkeiten.“

Meinrad, die Raben und die Räuber (historische Abbildung)

Doch die beiden Raben haben den Untergang der alten Mythologie wohlbehalten über- standen, denn am selben Ort tauchen sie in der Legende des heiligen Meinrad wieder auf. Meinrad soll im Sülchgau geboren worden sein. Im Alter von 5 Jahren kam er in das Kloster auf der Reichenau und lebte anschließend um 835 als Einsiedler auf dem Etzelpass bei Zürich. Sein Leben schildert die Legende getreu den Vorbildern der Wüsten-mönche, die alle in strenger Askese lebten. Doch die örtlichen Erzählungen berichten von einer lieben Frau aus Altendorf am Zürichsee, die Meinrad mit dem Lebensnotwendigsten versorgte. Trotz seines vorbildlichen Lebens wurde er eines Tages von zwei Räubern erschlagen. Genau dies hatte er aber bereits  im Flug seiner beiden treuen Raben erahnt. Weil die Räuber von ihnen verfolgt wurden, konnten beide in Zürich gestellt und gefangen genommen werden. Laut der Meinradlegende starben sie später den Tod durch das Rad. Meinrad aber wurde dort begraben, wo heute das Kloster Einsiedeln steht. In Dar- stellungen des Heiligen tauchen die beiden Raben deshalb als unverzichtbare Attribute auf. Neben den Raben bietet Odin noch einen weiteren Verweis zu Meinrad, denn in der Wissensdichtung, wie der Vafthrúdismál, taucht er des Öfteren unter dem Namen Gagnrad auf. Odin war der oberste und weise Gott der jederzeit um Rat gebeten werden konnte. Auch dies drückt sich im Namen des Heiligen aus, der aus den beiden Begriffen Stärke und Rat gebildet hatte. Wurde die Gestalt Meinrads hier im Sülchgau als Gegenbild zu Odin aufgebaut, so bietet dies auch eine Erklärung für die Säule des Sülchgaues und der heute so als bedeutend eingeschätzten Sülchenkirche.

Sonnenkalender Sülchenkirche

Bilder: Eigen, Sülchenkirche / Wikipedia, Santevit- Statue, Lappländer /Meinrad und die zwei Räuber auf einer historischen Abbildung /Roland zh, fotografiert am 21. Oktober 2010 von der Informationstafel „St. Meinrad – Etzelpass“ auf dem Etzelpas / Simmulaztion sunearthtools, opentopomap

Die Kapelle auf dem Käppele

Linde auf dem Käppele

Jedes Jahr veranstaltet die freiwillige Feuerwehr Dettingen ihr Sonnwendfest bei der Fried- enslinde auf der nahegelegenen Anhöhe Käppele. Der Höhenrücken bietet nicht nur eine fantastische Aussicht auf Albtrauf, Zeugenberge und Filderebene, sie blickt auch auf eine jahrtausende alte Geschichte zurück. Fast scheint es, als würde mit diesen jährlichen Sonnwendfest ein Teil jenes kulturellen Gedächtnisses weiterleben, das an die einstige Bedeutung dieses Ortes erinnert. Heute steht an dem Ort, wo die Funde von hunderten von Feuersteinen darauf hindeuten, dass er über Jahrtausende aufgesucht wurde, die Käppeleslinde. Sie soll 1874, nach dem Deutsch Französischen Krieg gepflanzt worden sein.

Pfeilspitzen aus dem Neolithikum

Zahlreiche Funde von Pfeilspitzen und Feuersteinen weisen hier darauf hin, dass der Ort bereits im 20. Jahrtausend v. Chr. Eine Bedeutung hatte. Auf Grund dieser Funde wird das Käppele als einer der interessantesten Siedlungsplätze der Steinzeit betrachtet. Doch nach dieser Epoche scheint auf Grund der Fundlage das Interesse an dem Ort erloschen zu sein. Der Flurname wird heute auf eine Kapelle zurückgeführt, die einst hier gestanden sein soll. Hinweise dazu gibt es aber nur einen einzigen. Er stammt aus einem Forstlag-erbuch von 1556, wo der Verfasser an dem Ort eine Kapelle vermutete. Auf Grund mangelnder Hinweise für diese Kapelle, erscheint das althochdeutsche Wort `kappa´, das sich aus `kaphen´, schauen, entwickelte, eine wahrscheinlichere Erklärung für den Flur- namen. Nur über die beiden Burgen, die dort im Mittelalter errichtet wurden, ist mehr be- kannt. Doch auch sie haben kaum 150 Jahre überdauert. Die Burgen die dort zusammen mit mehren Höfen standen war auf Grund des kargen Bodens wenig Glück beschwert.

Vulva-Ritzzeichnungen bei Les Eyzies-de-Tayac, Frankreich

Auf Grund der zahlreichen hier gefundenen Pfeilspitzen und Faustkeilen wird hier der Treff- punkt von Jäger-Nomaden vermutet, doch diese Funde können aber auch ganz anders interpretiert werden. Vertreter des Matriarachtsgedankens, wie Kirstin Armbruster, sehen in den dreiecksförmig bearbeiten Steinen Symbole einer schöpferischen Göttin, die eine Wiedergeburt ermöglichte. Als Erste Anzeichen dieses Glaubens wird ein dreieckiger Kalkstein gesehen, mit dem vor über 100 000 Jahren ein Kinderskelett bedeckt wurde. Diesen Gedanken äußerte auch der Kunsthistoriker Siegfried Giedion, der glaubte, dass die dreicksförmigen Zeichen auf Vorstellungen einer Wiedergeburt hindeuten. Die tradit-ionelle Wissenschaft sieht die Funde jedoch als Relikte von Jägern, die den Ort als Treffpunkt während ihrer Jagden nutzten. So schreibt der Prähistoriker Hansjürgen Müller-Beck dem Faustkeil eine universale Werkzeugeigenschaft zu und er sieht ihn als ständigen Begleiter des Steinzeitmenschen an. Ganz anders ist dagegen die Sicht von Materiarchatsforschern. Sie sehen in den formvollendeten Werkzeugen, deren Form in den meisten Fällen der Proportion des Goldenen Schnitts entspricht, sakrale Gegenstände an. Damit wäre auch der martialische Ausdruck Faustkeil völlig fehl am Platz, denn er passt ja gerade zum kriegerischen Aspekt des als Werkzeug angesehenen Gegen-standes. War das Käppele also viel mehr ein sakraler Ort, an den die Dettinger Feuerwehr heute mit ihrer jährlichen Sonnwendfeier erinnert?.

Käppele und die Sommersonnenwende

Bereits die Form der Landschaft spricht für diesen Gedanken. So weist der nach Dett- ingen reichende Geländesporn auf den Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende, der von der Linde aus, über dem Hohenstaufen zu sehen ist. Doch die bestimmende Land- marken sind die Teck und der Bosler mit der vorgelagerten Limburg. So ist der Sonnen- aufgang am 1. Februar in der Einkerbung des Teckberges zu sehen und der zur Winter- sonnenwende am Ende des Berges.

Käppele und Wintersonnenwende

Über der Limburg und dem östlich gelegen ist der Sonnenaufgang zu den Äquinoktien zu sehen. Dieses Datum ist aber nicht nur ein astronomisches Ereignis, sondern setzt auch eine Zäsur im Zyklus der Naturkreislaufes. Noch heute gibt es eine Bauernweisheit die für den 25.März sagt: `Ist der Sonnenaufgang an Mariä Verkündigung klar, dann gibt es ein gutes Jahr. Aus Babylon ist das erste Frühlingsfest der Geschichte überliefert das ebenfalls Ende März gefeiert wurde. Das Akitu-Fest war die wichtigste Zeremonie im babylonischen Festtagskalender in der die heilige Hochzeit vollzogen wurde, um den Segen der Götter zu erhalten. Höhepunkt des 11 Tage dauernden Festes mit Prozessionen, Spielen und Opferungen, war das Hochzeitsritual des Königs mit der Himmelskönigin Ištar, als Dank an die Götter für das erfolgreiche letzte Jahr und dem Segen für das neue Jahr.

Sonnenkalender Käppele

Das Käppele bietet sich also als Beobachtungspunkt von Sonnenaufgängen an wichtigen Jahresabschnitten an. Der Ort der heutigen Friedenslinde war damit in der Frühgeschichte auch sicher ein Ritualort des damaligen Glaubens. Die frühe Vermutung über die Entstehung des Namens deutet also in die richtige Richtung. Das Käppele als Land- schaftpunkt erfüllte einst wohl einen Zweck, für den das Christentum später den Bautyp der Kirche einführte.

Bilder: ttps://kirstenarmbruster.files.wordpress.com/2014/01/vulvaritzzeichnungen-bei-les-eyzies-de-tayac1.jpg / Vulva-Ritzzeichnungen bei Les Eyzies-de-Tayac, Frankreich / Eigen/ Friedenslinde Käppele, Panorama Hohenstaufen( Käppele und die Sommer-sonnenwende, Simulation Suneartthools, opentopo map